Der Anbau von Opium in Afghanistan nimmt beängstigende Ausmaße an: In diesem Jahr stieg die Produktion um ein Drittel auf über 8.000 Tonnen.
Knapp sechs Jahre nach dem Sturz der Taliban hat der Schlafmohnanbau in Afghanistan nach Angaben der Vereinten Nationen ein "beängstigendes Rekordniveau" erreicht. Verglichen mit 2006 werde die Produktion von Opium, dem Grundstoff für Heroin, in diesem Jahr um mehr als ein Drittel auf 8.200 Tonnen zunehmen, teilte das UNO-Büro für Drogen und Kriminalität (UNODC) am Montag in Kabul mit. Afghanistan sei praktisch der alleinige Lieferant des gefährlichsten Rauschgifts der Welt und für 93 Prozent der globalen Opiumproduktion verantwortlich.
Produktion höher als Kolumbien oder Marokko
"Seit China im
19. Jahrhundert hat kein anderes Land Betäubungsmittel in so tödlichem
Ausmaß produziert", urteilen die Autoren des diesjährigen
UNODC-Opiumberichts zu Afghanistan. Die an Pakistan grenzende Provinz
Helmand sei mit nur 2,5 Millionen Einwohnern die weltweit größte Quelle
illegaler Drogen und produziere alleine mehr als ganze Länder wie Kolumbien
oder Marokko. Dabei überbiete Afghanistan derzeit sogar die weltweite
Nachfrage, heißt es weiter.
Während der Anbau von Schlafmohn im vergleichsweise ruhigen Norden abgenommen habe, sei er im Süden deutlich angestiegen. Die radikal-islamischen Taliban, die in Südafghanistan weite Landstriche kontrollieren, würden - entgegen ihrer religiös begründeten Anti-Opium-Doktrin vom Jahr 2000 - heute wieder vom Drogenanbau profitieren. Zwischen 1996 und 2000 hatte sich das Taliban-Regime mit dem Export von 15.000 Tonnen Opium finanziert.
Düstere Prognose
UNODC-Chef Antonio Maria Costa sagte, die
Situation sehe "düster aus, ist aber noch nicht hoffnungslos". Nach
positiven Erfahrungen etwa im nordafghanischen Balkh hält das UNO-Drogenbüro
es für ein plausibles Ziel, im kommenden Jahr die Hälfte der 34 afghanischen
Provinzen frei vom Opiumanbau zu bekommen. Aktuell sind es 13, sieben mehr
als im Vorjahr. Der Anbau von Schlafmohn hänge weniger mit der Armut der
Menschen in den Provinzen zusammen, als vielmehr mit der Reichweite der
Kabuler Regierung, sagte Costa: "Wo Gegenkräfte zur Regierung herrschen,
floriert Opium."
Costa appellierte daher an die Internationale Gemeinschaft, ihre Anstrengungen in Afghanistan zu verstärken. "Es wäre ein historischer Fehler, Afghanistan unter dem Schlag der Drogen und des (radikal-islamischen) Aufstandes zusammenbrechen zu lassen", sagte er. Nur 14 Prozent der Afghanen seien in den Opiumkultivierung verwickelt. Zudem sei der Kampf gegen die Drogen im eigenen Interesse der NATO, welche die Internationale Schutztruppe ISAF führt. Mit Anbau und Export des Rauschgifts würde der Aufstand finanziert.
Regierung gefordert
Auch die afghanische Regierung sei gefordert.
Die den Drogenhandel begünstigende Korruption müsse bekämpft und die
Opium-"Aussteiger" unter den Bauern belohnt werden. Von den
UNO-Mitgliedstaaten erwartet der UNODC-Chef, dass sie die Namen von einem
Dutzend Drogenhändler auf die Schwarze Liste der Vereinten Nationen von
Taliban- und Al-Kaida-Anhängern setzen. Damit kann Eigentum beschlagnahmt
und ein Reiseverbot verhängt werden.