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Österreicher lehrt an TU Wien

''Bahnbrechend'': Nobelpreis für Quanten-Physiker Zeilinger

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Der diesjährige Nobelpreis für Physik geht an den österreichischen Quantenphysiker Anton Zeilinger.

Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt. Zeilinger wird gemeinsam mit dem französischen Physiker Alain Aspect (75) und dem US-Physiker John F. Clauser (79) u.a. für Experimente mit verschränkten Photonen geehrt. In einer ersten Reaktion zeigte sich Zeilinger im positiven Sinne "irgendwie geschockt".

"Bahnbrechende Experimente"

Alain Aspect, John Clauser und Anton Zeilinger hätten in ihren "bahnbrechenden Experimenten mit verschränkten Quantenzuständen", wie es das Nobelpreis-Komitee ausdrückte, diese Fragen Stück für Stück beantwortet. Damit haben sie "den Weg für neue Technologien auf der Grundlage von Quanteninformationen geebnet" und wichtige Grundlagen für das heute florierende Forschungsgebiet rund um "Quantencomputer, Quantennetzwerke und sichere quantenverschlüsselte Kommunikation" geschaffen.

Physiker Werner Gruber über Anton Zeilinger und Quantenphysik: „Im Grunde geht es um drei Bereiche: Quanten, Zustände sowie deren Verschränkungen. Anton Zeilinger ist es erstmals gelungen, einen Quantenzustand bewusst zu manipulieren. Dafür benötigt man verschränkte Teilchen. Darunter versteht man, dass zwei Teilchen (Quantenobjekte) sich noch nicht für ihren internen Zustand entschieden haben. Wenn man es sehr geschickt macht, kann man den internen Zustand (z.B. die Polarisation) eines verschränkten Teilchens (z.B. eines Photons) von unbestimmt auf bestimmt verändern. Diese Änderung wirkt sich auch auf das andere verschränkte Teilchen aus. Mit diesem Effekt ist es möglich, (PIN-gesicherte) Daten zu transportieren – sobald ein Spion zuhören würde, wären die Daten zerstört. 

Die Auszeichnung ist heuer mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (knapp 920.000 Euro) dotiert. Sie geht an die drei Laureaten unter anderem für Pionierarbeiten in der Quanteninformation. Die Physiker hätten den von Albert Einstein als "spukhafte Fernwirkung" abgetanen quantenphysikalischen Zustand, bei dem zwei verschränkte Teilchen wie von Zauberhand miteinander verbunden bleiben und ihre physikalischen Eigenschaften teilen, "aus der Theorie in die Praxis gebracht", heißt es seitens des Komitees.

Zeilinger: "Großartige Anerkennung"

Man muss seinen Spinnereien ein bisschen vertrauen", sagte Neo-Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger (77) bei einer Pressekonferenz am Dienstag Nachmittag in Wien. Die bahnbrechenden Arbeiten, die dem Österreicher zusammen mit seinen Kollegen John Clauser und Alain Aspect den Nobelpreis einbrachten, wären ohne die Freiheit "Sachen zu machen die nicht Mainstream waren", nicht möglich gewesen, so der Quantenphysiker, der zu dem Anlass mit viel Applaus bedacht wurde.

Es sei alles andere als selbstverständlich gewesen, mehr oder weniger ohne Rücksicht auf unmittelbaren Nutzen arbeiten zu können. Ein solches Klima habe sein Doktorvater, der 2019 verstorbene Helmut Rauch, an der Universität Wien einst etabliert. An der Universität Innsbruck habe er dann jene Experimente mit verschränkten Photonen durchführen können, für die er am 10. Dezember in Stockholm ausgezeichnet wird. All das war nur möglich, "weil mir die Chance gegeben wurde, schon von sehr früh an die Dinge zu machen in der Physik, die mich interessiert haben", sagte Zeilinger bei der ad hoc an der Physik-Fakultät der Universität Wien und dem Institut für Quanteninformation und Quantenoptik (IQOQI) organisierten Veranstaltung.

Ohne die Unterstützung seiner Familie, die mitunter hinter der Physik zurückstehen musste, und die Unterstützung der "österreichischen Steuerzahler" wären seine Erfolge nicht möglich gewesen, so der Nobelpreisträger in seinem Statement. In der Anfangsphase seiner Karriere sei er öfters gefragt worden, wofür das gut sein solle. "Ich kann ihnen ganz stolz sagen: Das ist für nichts gut. Das mache ich nur aus Neugierde", betonte Zeilinger.

Er sei von Anfang an fasziniert gewesen von Experimenten, "die vollkommen der Intuition entgegenlaufen". Letztlich sei das wissenschaftliche Umfeld in Österreich zu jener Zeit "ein ganz besonderer Ort" gewesen. Eine Erkenntnis, die dem Quantenphysiker erst etwas später bewusst wurde, wie er einräumte.

Mit seinen Mit-Laureaten verbinde ihn eine lange Bekanntschaft. Clauser sei einer der besten Amateursegler der USA. Es sei ein "wunderbares Erlebnis" gewesen, mit ihm gemeinsam eine Wettfahrt zu bestreiten. Aspect habe einen "wunderbaren Weinkeller". Beide hätten "wunderschöne Arbeiten gemacht. Er freue sich nun auf ein Wiedersehen in Stockholm. Groß war die Freude auch am IQOQI, wo Zeilinger eine Forschungsgruppe leitet. "Wir haben uns narrisch gefreut", sagte Markus Aspelmeyer, wissenschaftlicher Direktor des IQOQI.

Gratulationen aus der Politik

Unterdessen gratulierte das offizielle Österreich und diverse Akteure aus dem Feld der Wissenschaften ausgiebig: Zu den ersten Gratulanten gehörte Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der via Twitter seiner Freude Ausdruck verlieh: "Diese Auszeichnung gilt einem Pionier der Quantenphysik, einem großen Wissenschaftskommunikator, einem Forscher, wie er im Buche steht." Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) gratulierte ebenfalls: "Das ist nicht nur eine große Ehre für ihn selbst, sondern auch für unser Land."

Zu einer "unglaublichen Leistung" beglückwünschte Wissenschafts-und Forschungsminister Martin Polaschek (ÖVP) Zeilinger, den er als eine "Koryphäe auf seinem Gebiet" bezeichnete. Zeilingers Nachfolger als ÖAW-Präsident, Heinz Faßmann, bezeichnete die Auszeichnung als "Sensation und hochverdient". Unter anderem durch Zeilingers Mithilfe habe "das Forschungsland Österreich hat wieder an die internationale Spitze aufgeschlossen".
 

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