Kanton Obwalden

Schweiz plant Sonderzone für Reiche

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Am Vierwaldstättersee will ein Kanton Reiche anlocken - mit einer Sonderzone. Enstprechende Bauplätze sollen nur an Vermögende vergeben werden. Ein Sturm der Entrüstung macht sich breit.

Der Zentralschweizer Kanton Obwalden plant Wohnzonen für Reiche und versteht die Vorwürfe nicht, die deswegen auf ihn niederprasseln. Der Kantonsrat hatte den einst landwirtschaftlich geprägten Kanton am Vierwaldstättersee Ende April ermächtigt, Zonen von sogenannter hoher Wohnqualität festzulegen, um einer bestimmten attraktiven Klientel entsprechendes Bauland zur Verfügung zu stellen.

Noch 2002 wurde Obwalden als Schlusslicht der Schweiz im Hinblick auf die Standortqualität belächelt. Der Regierungsrat startete eine ehrgeizige Offensive, mit der der Kanton steuerlich, aber auch zum Wohnen attraktiver werden sollte. Obwalden geriet dabei mehrmals in die Kritik - zuerst wegen verfassungswidriger degressiver Steuern, die hohe Einkommen und Vermögen milder besteuern, nun wegen der "Zonen mit hoher Wohnqualität". Nichtsdestotrotz ging die Strategie offenbar auf: Im "Standortqualitätsindikator 2008" der Großbank Credit Suisse hat Oberwalden laut "Berner Zeitung" seit 2004 neun Plätze gutgemacht und mehr als alle anderen Kantone aufgeholt.

Vorschriften für den Villenbau
Obwalden habe wie alle Kantone das Recht, für gehobene Ansprüche ein Angebot an Bauplätzen bereitzustellen, beharrte Baudirektor Hans Matter am Mittwoch. Park- und Villenzonen gebe es schließlich überall. Diese "Zonen mit hoher Wohnqualität" seien keine "Sonderzonen für Reiche", so Matter. Es gebe keine Vorschriften dazu, wie viel Einkommen oder Vermögen jemand besitzen müsse, um dort Land zu kaufen. Dies regle wie überall der Markt über die Bodenpreise. Vorschriften will der Kanton aber sehr wohl bezüglich der Gestaltung der Villen erlassen.

Dagegen sagte Kurt Bucher, Sekretär des Obwaldner Volkswirtschaftsdepartements in der Vorwoche zum "Tages Anzeiger", in diesen Zonen dürften nur Personen Grundstücke erwerben, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. "Sie müssen Obwalden einen volkswirtschaftlichen Nutzen bringen", sagte er. Konkret geht es um "sehr gute Steuerzahler oder Unternehmer, die in Obwalden sehr viele neue Arbeitsplätze schaffen".

Heftige Kritik
Der oberste Raumplaner, Moritz Leuenberger, erklärte am Mittwoch in Bern, der Bundesrat (Regierung) habe die Sonderwohnzonen für Reiche nicht genehmigt. Die Idee, solche Zonen zu schaffen, sei nicht in Ordnung. Auch Pierre Tschannen, Professor für öffentliches Recht an der Universität Bern, sagte der "Berner Zeitung" (Dienstag): "Hier werden explizit Reiche bevorzugt. Sie erhalten alleine aufgrund ihrer sozialen Stellung Vorrechte. Die Gleichbehandlung, wie sie in der Bundesverfassung festgeschrieben ist, wird damit verletzt."

Die nicht im Parlament vertretenen Grünen Obwalden sammeln derzeit die nötigen 100 Unterschriften für ein Referendum über die Regelung. Sonderbauzonen für Reiche seien eine weitere groteske Folge des ausufernden Steuerwettbewerbs, teilten sie mit. Bauzonen für Reiche oder Villenzonen würden die Bevölkerung teilen und eine "krasse Ungleichbehandlung" darstellen.

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