93 Tote in Ukraine, 9 in Deutschland. Polen verzichtet auf Impfung.
Die Schweinegrippe breitet sich weiter aus: Zumindest neun Tote wurden am Mittwoch in Deutschland gemeldet, mehr als 90 bereits in der Ukraine. In dem osteuropäischen Land wurden am Mittwoch bereits mehr als eine halbe Million Infizierte registriert. Unterdessen lehnte die polnische Regierung ein Impfprogramm für ihr Land ab. Auch in Österreich ist die Zahl der bestätigten Fälle weiter gestiegen.
Die zuletzt bekanntgewordenen deutschen Opfer starben in Baden-Württemberg sowie Berlin. Am Klinikum Stuttgart starb am Mittwoch eine Patientin, die mit dem neuartigen H1N1-Virus infiziert war. Die 52-jährige Frau litt der Klinik zufolge unter einer chronischen Vorerkrankung. Ein 29-Jähriger starb in Heidelberg bereits am Sonntag, er war auf der Liste für eine Organtransplantation. Einen neunten Todesfall in Berlin. Ein 40-jähriger Mann starb am Montag, ein Test fiel positiv auf eine H1N1-Infektion aus.
Unterdessen rief der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte dazu auf, umgehend auch alle Kleinkinder gegen Schweinegrippe impfen zu lassen.
Grippewelle rollt
Ab einem Alter von sechs Monaten sollten alle
Kleinkinder immunisiert werden, riet der Verband in Köln - entgegen seiner
bisherigen Empfehlung, erst Kinder ab drei Jahren zu impfen. In allen
Altersgruppen hätten die Erkrankungen zugenommen, begründete der Verband
seine geänderte Haltung. "Mittlerweile stehen wir mit dem Rücken
zur Wand. Die Grippewelle rollt", sagte Verbandspräsident Wolfram
Hartmann einem Radiosender. Ärzte hätten die Erfahrung gemacht, dass Kinder "teilweise
doch ernsthaft erkrankt sind". Gerade für sehr junge Kinder gebe es
keine ordentlichen Behandlungsmöglichkeiten, die beiden Grippemittel Tamiflu
und Relenza seien für sie nicht zugelassen.
In der Ukraine stieg die Zahl der Todesfälle auf 93. Insgesamt seien fast eine halbe Million Menschen infiziert, berichtete der ukrainische Fernsehsender Fünfter Kanal am Mittwoch. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rechnet damit, dass es sich bei den Erkrankungen in der Ukraine vorwiegend um Schweinegrippe handelt. Weil das neuartige H1N1-Virus inzwischen weltweit zum dominanten Influenza-Stamm geworden sei, könne davon ausgangen werden, dass auch die meisten Grippefälle in der Ukraine davon ausgelöst worden seien, hieß es in einer WHO-Mitteilung. Die genaue Zahl der nachgewiesenen Schweinegrippe-Todesfälle war weiter unklar. Nach WHO-Angaben laufen die meisten Nachweisverfahren noch.
Keine Impfungen in Polen
In Polen wird vorerst nicht gegen die
Schweinegrippe geimpft. Gesundheitsministerin Ewa Kopacz sagte in einem
Radiointerview, "als Mensch und Arzt" müsse sie "Sicherheit
haben über die Nebenwirkungen der Impfstoffe". Nach Ansicht von
Kopacz seien die auf dem Markt erhältlichen Präparate aber zu kurz getestet
worden.
Erst am Dienstag hatte die WHO ihr Unbehagen über die Impfmüdigkeit in vielen Ländern geäußert. Es bereite Sorge, wenn Menschen, die Zugang zu Impfstoffen haben, dieses Angebot nicht nutzten. Internationale Gesundheitsexperten sorgen sich inzwischen um den Erfolg der Impfkampagne, weil schwere Erkrankungen fälschlich als Nebenwirkungen der Schweinegrippe-Impfung angesehen werden könnten. Die Präsidentin des Schweizerischen Impfkomitees, Claire-Anne Siegrist, sagte der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit", sie sei nicht im Mindesten besorgt wegen der tatsächlichen Nebenwirkungen der Impfstoffe. Jedoch sei sie geradezu "in Panik wegen allem, was den neuen wirkverstärkten Impfstoffen angehängt werden wird".