Parlamentswahlen

Angst vor neuem Bürgerkrieg im Libanon

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Medien zufolge soll die Hisbollah den Mord an Hariri verübt haben. In Beirut herrscht Hochspannung vor den Parlamentswahlen.

Zwei Wochen vor den Parlamentswahlen im Libanon ist eine Bombe geplatzt, die das politische Establishment des arabischen Levante-Landes in seinen Grundfesten erschüttert. Der Hamburger "Spiegel" berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass die pro-iranische Schiiten-Organisation Hisbollah jetzt im Verdacht stehen würde, den Mord an dem beliebten libanesischen Ex-Premier Rafik Hariri vor vier Jahren verübt zu haben. Sollte das vom UNO-Sicherheitsrat eingesetzte Haager Sondertribunal für die Aufklärung des Hariri-Mordes eines Tages zu dem gleichen Schluss kommen und dafür unwiderlegbare Beweise vorlegen, dann könnte dies der Auslöser für einen neuen Bürgerkrieg im Libanon sein.

Vorsicht an allen Fronten
Dieser Gefahr sind sich die Libanesen alle bewusst: Sunniten, Schiiten, Drusen und Christen. Deshalb haben auch diejenigen Libanesen, die seit Jahren die lückenlose Aufklärung dieses Attentats fordern, mit großer Vorsicht auf den "Spiegel"-Bericht reagiert. Selbst Saad Hariri, der Sohn und politische Erbe des Attentatsopfers und Chef des Mehrheitsbündnisses "Block der Zukunft", will die Spekulationen nicht kommentieren. Die Hisbollah hat den Bericht entschieden dementiert. Der schiitische Parlamentspräsident Nabih Berri, Chef der mit der Hisbollah verbündeten Amal, behauptet, die Vorwürfe seien "made in Israel". Sogar der mit Hariris Zukunftsbewegung verbündete Drusenführer Walid Joumblatt, der in der Vergangenheit keine Hemmungen hatte, die Verantwortung für das Attentat der syrischen Regierung zuzuschieben, warnt, der "Spiegel"-Artikel könne den Libanon spalten, so wie einst im April 1975. Damals hatte ein Angriff rechtsgerichteter christlicher Milizionäre auf Palästinenser in Beirut den 15-jährigen Bürgerkrieg ausgelöst.

Politischer Zündstoff
"Man weiß gar nicht, was für den Libanon schrecklicher wäre: wenn der Hariri-Mord aufgeklärt wird, oder wenn er nicht aufgeklärt wird", gibt ein westlicher Beobachter in Beirut zu bedenken. Er glaubt, dass jede der beiden Varianten für politischen Zündstoff sorgen wird. Nur, sollten die Ermittler wirklich eines Tages die Hisbollah und ihren Generalsekretär Hassan Nasrallah als Schuldige ausmachen, dann wäre die vom Iran unterstützte Schiiten-Partei, wahrscheinlich für alle anderen Parteien und Religionsgruppen kein Gesprächspartner mehr. Doch ausgrenzen kann man die Hisbollah nicht. Denn ihre militärische Schlagkraft ist größer als die der libanesischen Armee. Ihre Anhänger gehören zur größten Religionsgemeinschaft des Landes.

Dass treue Hisbollah-Anhänger wegen des "Spiegel"-Berichts nun am Wahltag (7. Juni) ihr Kreuz an einer anderen Stelle machen werden, ist wohl auszuschließen. Doch Wähler, die jetzt noch unentschlossen sind, könnten durch die jüngsten Spekulationen im Mordfall Hariri vielleicht schon beeinflusst werden. Vor allem, da der Ruf der Hisbollah seit dem Ende ihres Krieges gegen Israel im Sommer 2006 ohnehin stark gelitten hat. Galten Nasrallah & Co. damals noch als "Helden" der arabischen Straße, so werden sie inzwischen oft nicht mehr als libanesische Partei wahrgenommen, die Widerstand gegen Israel leistet, sondern als verlängerter Arm ihres Waffenlieferanten Iran.

Schüsse in Beirut
Dass Hisbollah-Mitglieder im Mai 2008 in den von sunnitischen Hariri-Anhängern bewohnten Vierteln Beiruts um sich geschossen haben, hat ihrem Ansehen geschadet. Die jüngst aufgedeckten Aktivitäten der Hisbollah in Ägypten, wo sie angeblich Waffentransporte für die Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen organisiert haben soll, wurden von den mehrheitlich sunnitischen Staatschefs der Region mit wenig Begeisterung zur Kenntnis genommen. "Wenn jemand vor zwei Jahren diesen Vorwurf (des Mordes an Hariri) gegen die Hisbollah erhoben hätte, nur wenige hätten ihm Glauben geschenkt, aber jetzt, wo sich gezeigt hat, dass eine ausländische Macht (der Iran) die Hisbollah steuert, wundern sich viele nicht darüber", kommentiert die arabische Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat".

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