459 Tage ohne Regierung

Belgien: Einigung in letzter Minute

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Politiker und Medien sprechen von "historischer" Lösung.

Nach einem 15 Monate dauernden erbitterten Sprachenstreit sind sich die Parteien Belgiens im Streit über eine Regierungsbildung nähergekommen. Die Vorsitzenden von insgesamt acht Parteien der Flämisch oder Französisch sprechenden Belgier einigten sich in der Nacht auf Donnerstag in der umstrittensten politischen Frage des Landes auf einen Kompromiss. Nach einer langen Nacht wurde das Wort "historisch" am Donnerstag von belgischen Politikern und Medien oft und erleichtert in den Mund genommen.

Seit den Parlamentswahlen vom Juni 2010 war eine Regierungsbildung vor allem am Streit um das Wahlrecht im Umland von Brüssel gescheitert. Deswegen amtierte der bereits im April 2010 zurückgetretene Premierminister Yves Leterme bis jetzt geschäftsführend weiter. Seit 459 Tagen gibt es keine gewählte Regierung mehr.

Jetzt sieht es so aus, als könne es etwa Mitte Oktober wieder eine richtige Regierung geben. Mit massivem Druck ("Das ist die letzte Chance") - und mit Hilfe von König Albert II., der demonstrativ seinen Urlaub abbrach - gelang es dem frankophonen Sozialdemokraten Elio di Rupo, einen Kompromiss über die Aufspaltung des bisher gemeinsamen Wahlkreises von Brüssel und der Umlandregion Halle-Vilvoorde zu erzwingen. Jahrzehntelang hat der Wahlkreis "BHV" schon das politische Klima in Belgien vergiftet, weil er sich für Scharfmacher beider Sprachgruppen bestens eignete.

Die Arbeit sei "noch lange nicht beendet", sagte Di Rupo in der Nacht - als er erstmals seit Wochen wieder mit einem Lächeln auf den Lippen vor die Kameras trat. Noch gilt es Probleme wie die Finanzierung der Regionen und die Kompetenzverteilung zu lösen. Doch keiner der belgischen Politiker und Kommentatoren konnte sich am Donnerstag vorstellen, dass diese Probleme unüberwindbar seien - nachdem man sich über "BHV" geeinigt hat.


 

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