König vermittelt

Belgien sucht neuen Regierungschef

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Gespanntes Warten auf den König: Belgien sucht einen neuen Premier. Yves Leterme will einer Regierung nicht mehr angehören.

Nach dem Scheitern der Regierung von Yves Leterme stellt sich Belgien auf einen neuen Premierminister ein. Der flämische Christdemokrat will in einer neuen Regierung keine Rolle mehr spielen. Die schwere politische Krise lähmt das Land. König Albert II. ließ am Wochenende zunächst nicht erkennen, ob er das Rücktrittsgesuch von Leterme annimmt oder nicht. Die Opposition forderte Neuwahlen.

Skandal um Leterme bahnt sich an
Ein Sprecher des Regierungschefs bestätigte am Sonntag gegenüber der belgischen Nachrichtenagentur Belga eine Medieninformation, wonach Leterme kein Kandidat für seine eigene Nachfolge ist. Leterme soll in der Affäre um den Verkauf der Fortis-Bank versucht haben, die Justiz zu beeinflussen. Er wies bisher die Vorwürfe zurück.

König führt Gespräche
Albert II. führte über das Wochenende in seiner Brüsseler Residenz Einzelgespräche mit den führenden Politikern des Landes. Der Monarch empfing unter anderen die Präsidenten des Parlaments und des Senats, Herman Van Rompuy und Armand De Decker. Details wurden nicht bekannt, da die Audienzen vertraulich sind.

Eine zentrale Rolle bei der Krisenlösung hat die Chefin der flämischen Christdemokraten, Marianne Thyssen. Beobachter sagten, sie müsse signalisieren, welche Persönlichkeit ihrer Partei Leterme nachfolgen könnte. Eine größere Regierungsumbildung solle vermieden werden, um in der schweren Wirtschaftskrise handlungsfähig zu bleiben. Die meisten Partner in der Fünf-Parteien-Koalition hatten zuletzt Leterme als Belastung empfunden.

Der 48 Jahre alte Leterme bot am Freitagabend die Demission der kompletten Regierung an, nachdem sich die Affäre um die Großbank Fortis dramatisch zugespitzt hatte. Bei der überstürzt eingefädelten Zerschlagung von Fortis spielte der belgische Staat eine Schlüsselrolle. Die größte Bank Belgiens war wegen der Finanzkrise in schwere Turbulenzen geraten und teilweise verstaatlicht worden. Belgische Medien sprechen inzwischen in Anlehnung an den Watergate-Skandal in den USA von "Fortisgate".

Van Rompuy potentieller Nachfolger
Van Rompuy (61) ist einer der potenziellen Nachfolger Letermes. Die Medien handelten außerdem den früheren Premierminister Jean-Luc Dehaene (68) oder Letermes direkten Amtsvorgänger Guy Verhofstadt (55). Der Ministerpräsident der mächtigen Region Flandern, Kris Peeters, signalisierte, er habe kein Interesse. Die amtierende Regierung von Leterme kann nach Auffassung führender Politologen des Landes keine strategischen Entscheidungen mehr treffen. Auf dem Tisch liegt beispielsweise das Budget für das kommende Jahr.

Im vergangenen Jahr war Leterme zweimal als designierter Regierungschef gescheitert und hatte seinen Rücktritt eingereicht. Mitte Juli 2008 schließlich wollte der 48 Jahre alte Flame wegen des Konflikts um die Staatsreform zurücktreten. Der König nahm sich drei Tage Zeit und wies die Demission dann zurück.

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