Deutschland

Berlin senkt Neuverschuldung

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Die Regierung nutzt die Steuermehreinnahmen. Auch Bürger und Unternehmen sollen beim Arbeitslosenversicherungsbeitrag entlastet werden.

Die deutsche Regierung will angesichts erheblicher Steuermehreinnahmen die Neuverschuldung des Bundes auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung vor 16 Jahren senken. Bürger und Unternehmen sollen zudem beim Arbeitslosenversicherungsbeitrag stärker entlastet werden als bisher geplant.

Eine Spitzenrunde der Koalition einigte sich am Freitag nach den Worten von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) darauf, die neuen Kredite nächstes Jahr auf 19,6 Milliarden Euro zu begrenzen. Geplant waren bisher 22 Milliarden Euro. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung soll ab Jänner von 6,5 auf 4,2 Prozent sinken - 0,3 Prozentpunkte mehr als zunächst angedacht. Der Vereinbarung bei Kanzlerin Angela Merkel zufolge will sich die Koalition auch bemühen, schon nächstes Jahr in die Steuerfinanzierung von Kindern in der gesetzlichen Krankenversicherung einzusteigen und nicht erst 2008.

Niedrigster Stand seit Wiedervereinigung
Steinbrück und andere führende Politiker von Union und SPD sprachen von deutlichen Signalen in Richtung Haushaltskonsolidierung, Konjunktur und Arbeitsmarkt. "Das ist die niedrigste Nettokreditaufnahme nach der Wiedervereinigung", sagte der Minister mit Blick auf 2007. Sie liege knapp unter dem bisherigen Tiefstwert von 1992, was zeige, "dass wir es mit der Konsolidierung ernst meinen". Die stärkere Beitragssatzsenkung bei der Arbeitslosenversicherung entlaste Arbeitnehmer und Arbeitgeber und gebe damit auch für Wachstum und Beschäftigung Impulse. Steinbrück hob hervor, die Koalition habe in den letzten 48 Stunden gleich mehrfach Zeichen ihrer Handlungsfähigkeit gezeigt wie euch die Vereinbarung zur Unternehmenssteuerreform verdeutliche.

Die Haushaltsexperten Steffen Kampeter (CDU) und Carsten Schneider (SPD) stellten allerdings klar, die Entscheidung zur Steuerfinanzierung von Kindern in der gesetzlichen Krankenversicherung sei noch nicht gefallen. Es sei ein Prüfauftrag erteilt worden. Merkel hatte vorgeschlagen, 2007 mehr Steuermittel in das Gesundheitswesen fließen zu lassen, wenn es Spielräume gebe. Steinbrück und andere SPD-Politiker hatten das mit Zurückhaltung aufgenommen. Jetzt bahnt sich offenkundig an, dass Merkels Vorstoß berücksichtigt wird. Mit welcher Summe 2007 der Bund in die stärkere Steuerfinanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung einsteigen könnte, ist nach Angaben aus Koalitionskreisen offen.

Beim Arbeitslosenversicherungsbeitrag musste Steinbrück offenbar darauf verzichten, im Gegenzug den so genannten Aussteuerungsbetrag aufzustocken. Diesen führt die Bundesagentur für Arbeit (BA) quasi als Strafzahlung für jeden nicht vermittelten Langzeitarbeitslosen an den Bund ab. Der Betrag werde nicht angehoben, sagte Kampeter.

"Wir werden Kurs halten"
Steinbrück, Kampeter und Schneider sprachen nach den Vereinbarungen von einem guten Tag für die große Koalition. "Wir wollen Kurs halten und wir werden Kurs halten", sagte Kampeter. Schneider äußerte die Hoffnung, dass der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung dauerhaft 4,2 Prozent betragen könne. Dem Ergebnis der Steuerschätzung zufolge wird der Staat dieses und nächstes Jahr 39,5 Milliarden Euro mehr an Steuern einnehmen. Ein Teil der erwarteten Steuermehreinnahmen ist bereits im Haushalt 2007 verplant.

Die zusätzliche Beitragssenkung zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Punkte belastet die BA mit etwa 2,5 Milliarden Euro. "Einen Beitragssatz von 4,2 Prozentpunkten kann die BA nach heutigem Stand bis zum Jahr 2010 durchfinanzieren, ohne wieder ins Defizit zu rutschen", sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise zu Reuters. Voraussetzung sei, dass sich die Konjunktur entsprechend den Regierungsprognosen entwickele.

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