Der US-Präsident deutet bei seinem überraschenden Besuch im Irak eine Truppenreduktion an.
Im Streit um einen Truppenabzug aus dem Irak ist US-Präsident George W. Bush wieder auf Konfrontationskurs mit Kritikern im US-Kongress gegangen. Die Entscheidung falle auf der Basis einer Einschätzung der Kommandanten vor Ort und nicht auf der Grundlage nervöser Reaktionen von Politikern in Washington, sagte Bush am Montag vor rund 750 US-Militärangehörigen auf dem Al-Asad-Stützpunkt im Westirak: "Wenn wir damit beginnen, Truppen aus dem Irak abzuziehen, wird es aus einer Position der Stärke und des Erfolgs sein und nicht aus einer Position der Angst und des Versagens."
Truppenreduzierung angedacht
Bereits zuvor hatte Bush in einer
kurzen Erklärung die Möglichkeit einer Truppenreduzierung angedeutet.
Sollten sich die derzeitigen Erfolge fortsetzen, dann könne das gleiche Maß
an Sicherheit mit weniger Soldaten aufrechterhalten werden, sagte Bush. Der
Präsident nannte in diesem Zusammenhang weder einen Zeitpunkt für einen
Abzug noch eine genaue Zahl.
Zugleich nannte der Präsident die schleppenden Fortschritte im Irak frustrierend. Die US-Truppen hätten dabei geholfen, die Sicherheitslage zu verbessern. Jetzt sei es wichtig, dass die irakische Regierung folge und es politische und wirtschaftliche Fortschritte gebe. Bush war am Montag zusammen mit Außenministerin Condoleezza Rice und Verteidigungsminister Robert Gates zu einem überraschenden Besuch in der Provinz Anbar eingetroffen. Dort beriet er mit Militärs und Politikern über den künftigen Kurs in dem Golf-Staat.
Vorbild Anbar
Die positiven Veränderungen in Anbar könnten ein
Modell für den gesamten Irak sein, sagte Bush. "Anbar wurde einst für
verloren gegeben. Heute ist es einer der sichersten Orte im Irak."
Kriegsrat mit Generälen
Der US-Oberkommandierende im Irak,
General David Petraeus, und Botschafter Ryan Crocker sollen dem Kongress
kommenden Montag Rechenschaft über Fortschritte im Irak ablegen. Dieser
Bericht sollte in den Gesprächen Bushs mit den Generälen erörtert werden.
Bush habe die Notwendigkeit empfunden, sich vor wichtigen Entscheidungen
selbst ein Bild von der Lage zu verschaffen, sagte ein Sprecher auf dem Flug
in den Irak.
Bush unter Druck
Der Besuch in Anbar war wohl auch ein bewusstes
Zeichen der Ungeduld Bushs angesichts des politischen Stillstands in der
irakischen Hauptstadt. Vor wenigen Monaten wäre er noch undenkbar gewesen.
Die Wüstenregion galt bis vor kurzem als das gefährlichste Gebiet für die
US-Soldaten im Irak. Ein Aufstand sunnitischer Stammesältester gegen das
ebenfalls sunnitische Terrornetzwerk Al-Kaida hatte zur Befriedung der
Provinz beigetragen.
Bush steht unter dem Druck der demokratischen Mehrheit im Kongress, aber auch aus eigenen Reihen, einen Zeitplan für den Abzug der US-Truppen vorzulegen. Er lehnt die Forderung ab und hat wiederholt darauf verwiesen, dass die Aufstockung der Streitkräfte um 30.000 Soldaten Erfolge zeige. Bush traf auch mit dem von ihm kritisierten irakischen Regierungschef Nuri al-Maliki sowie sunnitischen Stammesältesten zusammen.
Briten beginnen Teilabzug
Unterdessen wurde das südirakische
Basra viereinhalb Jahre nach Beginn des Kriegs wieder frei von
Besatzungstruppen. Die britischen Streitkräfte räumten bis Montagmittag
ihren letzten Stützpunkt im Zentrum der zweitgrößten Stadt des Landes und
übergaben ihn den einheimischen Truppen. Der Abzug von 550 Mann aus dem
Stützpunkt Basra Palace gibt der britischen Regierung die Möglichkeit, ihr
Kontingent im Irak von derzeit 5.500 Mann weiter zu verringern. Das
Verteidigungsministerium in London erklärte, die USA seien über den
Abzugsplan informiert gewesen. Diese hatten sich angesichts des wachsenden
Einflusses schiitischer Milizen im Südirak besorgt geäußert. Premierminister
Gordon Brown betonte, der Rückzug der Truppen zu ihrem Stützpunkt am
Flughafen außerhalb Basras bedeute keinesfalls eine Niederlage für
Großbritannien. Die britischen Truppen könnten in Notfällen jederzeit wieder
in Basra intervenieren.