Anti-Terror-Kampf

EU setzt Bush unter Druck

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Die Union fordert mehr Informationen über geheime CIA-Gefängnisse. Bushs Eingeständnis sei "nur ein Teil der Wahrheit".

Das Europäische Parlament und der Europarat haben von US-Präsident George W. Bush weitere Informationen über geheime CIA-Gefängnisse außerhalb Amerikas gefordert. Das Eingeständnis des Präsidenten, dass es diese Gefängnisse überhaupt gebe, sei "nur ein Teil der Wahrheit", sagte der Schweizer Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, am Donnerstag. " Die USA müssen noch viel mehr aufdecken." Abgeordnete des Europaparlaments forderten genauere Angaben über die Lage der Gefängnisse.

Suche nach Komplizen
Die Orte müssten veröffentlicht werden, sagte der deutsche Abgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler, der im zuständigen Ermittlungsausschuss sitzt. "Präsident Bush hat bestätigt, dass die Untersuchung des Europäischen Parlaments die Wahrheit enthüllt" , sagte der SPD-Parlamentarier. Es müsse geprüft werden, ob EU-Regierungen oder Staaten, die sich um eine Mitgliedschaft bemühten, Komplizen bei diesen illegalen Handlungen gewesen seien. SPÖ-Europaabgeordneter Hannes Swoboda begrüßte in einer Aussendung die "seltene Offenheit von Präsident Bush - im Gegensatz zu seinen Epigonen im EU-Parlament".

Es habe sich gezeigt, dass die USA ihren schmutzigen Kampf gegen den Terrorismus völlig außerhalb des Rechts geführt hätten, erklärte der Präsident der parlamentarischen Versammlung des Europarates, René van der Linden. Selbst wenn die Behauptung Bushs zutreffe, wonach die Verschleppung Terrorverdächtiger in Geheimgefängnisse Anschläge verhindert habe, würden diese Methoden auf lange Sicht die Welt unsicherer machen. Zugleich sieht sich der Europarat durch Bushs Eingeständnis bestätigt. Seine umfangreiche Untersuchung über CIA-Geheimgefängnisse in Europa habe zur Lüftung des Geheimnisses beigetragen, erklärte van der Linden.

Auch der Untersuchungsausschuss des EU-Parlamentes übte Kritik. Durch sein Eingeständnis stelle er sich nicht nur selbst als Lügner bloß, sagte die stellvertretende Ausschussvorsitzende Sarah Ludford. "Er gibt auch die arroganten Regierungen in Europa der Lächerlichkeit preis, die die Sorgen über das geheime Auslieferungsprogramm als unbegründet zurückgewiesen haben. " Ludford regte eine Mission von Parlamentariern nach Polen und Rumänien an, bei der die Regierungen zur Offenlegung von eventuellen Gefängnisstandorten gedrängt werden sollen.

Sowohl der Europarat als auch das EU-Parlament haben bisher keine Beweise für Geheimgefängnisse in Europa vorlegen können. Ihren Berichten zufolge waren die CIA und andere US-Geheimdienste für die Verschleppung mehrerer Terrorverdächtiger in Europa verantwortlich.

Offenes Geheimnis
Der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, bezeichnete Bushs Eingeständnis als Fortschritt. Er verwies jedoch darauf, dass die Existenz der geheimen Gefängnisse seit langem bekannt gewesen sei. Die Aufgabe der Vereinigten Staaten sei es jetzt, diese Gefängnisse zu schließen. Nowak erklärte, er könne mindestens 15 weitere Verdächtige nennen, die in Afghanistan oder Pakistan von den USA festgenommen worden und dann offenbar verschwunden seien.

Kritik kam auch aus Frankreich, Spanien und China. Der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy bekräftigte die Forderung seines Landes nach einem Einschreiten der Vereinten Nationen, die das Lager in Guantanamo schließen müssten. Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero erklärte, der Kampf gegen den Terror könne nur mit demokratischen Mitteln geführt werden. China forderte die Einhaltung der UNO-Charta im Kampf gegen Terrorismus.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte, die Rede von Bush sei die "vollmundige Verteidigung" von Folterpraktiken gewesen. Bush habe "alternative Praktiken" in den Gefängnissen verteidigt. Unter diesem Begriff sei Folter zu verstehen. In der Vergangenheit hatten Menschenrechtler der US-Regierung vorgeworfen, unter dem Deckmantel scharfer Verhörpraktiken zu foltern. Sie warfen der CIA vor, die Gefangenen unter Terrorismusverdacht mit extremen Temperaturen oder simuliertem Ertrinken zu traktieren.

Bush hatte am Mittwochabend mitgeteilt, 14 Personen seien aus den Geheimgefängnissen nach Guantanamo gebracht worden. Der Europarat forderte, die Terrorverdächtigen müssten nun umgehend ein faires Verfahren in Einklang mit dem Völkerrecht erhalten.

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