Konservative erklären sich zu Wahlsiegern

Finnland: Regierungschefin Marin räumt Wahlniederlage ein

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Sanna Marins Sozialdemokraten, die Konservativen und die Rechtspopulisten lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Der Konservative Petteri Orpo hat seine Partei zur Gewinnerin der Parlamentswahl in Finnland erklärt. "Wisst ihr was? Das war ein großer Sieg", sagte der Chef der bisher oppositionellen Nationalen Sammlungspartei am späten Sonntagabend vor jubelnden Anhängern in Helsinki. Orpos Partei lag nach Auszählung von 96,8 Prozent der Stimmen bei 48 der 200 Mandate. Auf Platz zwei lagen die rechtspopulistischen Die Finnen mit 46 Mandaten. Die Sozialdemokraten kommen auf 43 Mandate.

"Mit diesem Ergebnis beginnen wir mit dem Aufbau einer neuen Regierung für Finnland", kündigte der 53-jährige Orpo an. Die Chefin der Finnen-Partei, Riikka Purra sagte nach der ersten Hochrechnung, bestätige sich das Ergebnis, wäre das ausgezeichnet. Dennoch strebe man weiterhin nach Platz eins.

Marin: "Demokratie hat gesprochen"

Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Sanna Marin (37) büßten indes ihre Position als stärkste Parlamentskraft ein. Marin wies vor Unterstützern darauf hin, dass die Partei der Regierungsspitze erstmals seit langer Zeit Zugewinne verzeichnet habe. "Wir haben es gut gemacht", sagte sie. "Die Demokratie hat gesprochen", sagte die bisherige Regierungschefin aber auch und räumte so ihre Wahlniederlage ein.

Mit einem vorläufigen Endergebnis wurde gegen Mitternacht in der Nacht auf Montag gerechnet. Die Wahlbeteiligung lag bei 71,9 Prozent und damit in etwa auf dem Niveau der letzten Parlamentswahl 2019.

Ein erster Wahltrend unmittelbar nach Schließung der Wahllokale hatte Konservative und Sozialdemokraten fast gleichauf gesehen. Die Rechtspopulisten um ihre Parteivorsitzende Purra folgten zu dem Zeitpunkt mit kleinerem Abstand, holten im Laufe des Abends aber auf. Bereits die letzten Umfragen vor der Wahl hatten auf ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen der drei Parteien hingedeutet.

Wahlsieger bekommt Regierungsauftrag

Welche Partei stärkste Kraft wird, ist deshalb wichtig, weil deren Chef oder Chefin in Finnland traditionell zuerst den Auftrag für eine Regierungsbildung erhält. Für eine Parlamentsmehrheit dürfte der Wahlsieger auf eine weitere der großen Parteien sowie mindestens eine der mittelgroßen und kleineren Parteien angewiesen sein.

Sanna Marin ist seit Ende 2019 finnische Regierungschefin. Seitdem hat sie sich zu einer der gefragtesten Politikerinnen innerhalb der EU entwickelt. Die 37 Jahre alte Sozialdemokratin führt eine aus fünf Parteien bestehende Mitte-links-Koalition an. Viele Finninnen und Finnen schätzen sie als junge, moderne und schlagkräftige Anführerin.

Ihre Regierung führte das nördlichste Land der EU erst durch die Corona-Pandemie und dann gemeinsam mit Präsident Sauli Niinistö durch den NATO-Beitrittsprozess, der in Kürze abgeschlossen sein wird: Alle 30 derzeitigen Bündnismitglieder haben der Aufnahme der Finnen nun zugestimmt, in wenigen Tagen wird Finnland nach NATO-Angaben offiziell 31. Mitglied der Verteidigungsallianz.

Im Wahlkampf hatte der NATO-Beitritt allerdings keine Rolle gespielt. Stattdessen ging es vor allem um innenpolitische Themen wie die gestiegenen Staatsausgaben. Marins Gegner werfen ihr vor, die Staatsschulden in die Höhe getrieben zu haben. Orpo versprach eine neue Wirtschaftspolitik.

Erneut ein Kopf-an-Kopf-Rennen

Bereits bei der letzten Parlamentswahl vor vier Jahren trennte die drei Parteien weniger als ein Prozentpunkt - mit dem besten Ausgang für die Sozialdemokraten, die damals auf 17,7 Prozent gekommen waren. Dass sie nun auf ein besseres Ergebnis als damals zusteuern, ist für finnische Verhältnisse ungewöhnlich und wird vor allem der Popularität Marins zugeschrieben. Normalerweise verliert die Partei an der Spitze der Regierung in Finnland im Laufe ihrer Amtszeit an Zuspruch, während die Opposition Zugewinne verzeichnet.

Auffällig an den Zahlen: Die drei größten Parteien lagen in der Yle-Hochrechnung allesamt über ihren Stimmanteilen der letzten Parlamentswahl. Alle Regierungsparteien bis auf die Sozialdemokraten standen dagegen vor Verlusten, besonders die Grünen stürzten deutlich ab. Da sich der Wahlkampf sehr auf die Teilung zwischen links und rechts fokussiert habe, sei es für ihre Partei schwierig gewesen, sich Gehör zu verschaffen, sagte Grünen-Chefin Maria Ohisalo schon früh am Abend. "Natürlich ist das eine Enttäuschung."

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