Berichte über Unregelmäßigkeiten, Anschläge und einen Todesfall haben die Parlamentswahl in der Kaukasusrepublik Georgien am Mittwoch überschattet.
Mehrere Anschläge seien auf Wähler verübt worden, berichteten Medien. Bei mindestens zwei Busexplosionen wurden Menschen verletzt, teilte das Innenministerium in Tiflis mit. Unklarheit herrschte außerdem über den Tod eines Wahlhelfers der Opposition.
Der Mann sei in einem Wahllokal mit einem Jagdgewehr getötet worden, sagte der Vorsitzende der Oppositionspartei "Neue Rechte", Davit Gamkrelidse. Das Innenministerium bestätigte den Mord im Bezirk Zalendjicha nahe der abtrünnigen Region Abchasien. Die Regierungspartei von Präsident Michael Saakaschwili und die Wahlkommission schlossen aber einen Zusammenhang mit dem Urnengang aus. Nach dem getöteten Mann werde bereits seit 2003 wegen versuchter Vergewaltigung und illegalen Waffenbesitzes gefahndet, sagte die stellvertretende Innenministerin Eka Sguladze.
Medienberichten zufolge wollten Bürger aus Abchasien in den Bussen über die Grenze reisen, um an der Wahl teilzunehmen. In Abchasien und Südossetien findet der Urnengang nämlich nicht statt. Das Fernsehen zeigte Bilder aus der abchasischen Region Gali von den zerstörten Bussen und verletzten Menschen. Danach habe es ein 20 Minuten dauerndes Feuergefecht gegeben. Georgien gab den von Russland unterstützten abchasischen Sicherheitskräften die Schuld an den Anschlägen. Der abchasische "Präsident", Sergej Bagapsch, sagte vor Journalisten in Moskau, dass er keine Informationen über derartige Zwischenfälle habe.
Präsident rief zu Ruhe auf
Präsident Saakaschwili rief seine
Bürger unterdessen zu "extremer Disziplin und Ruhe" auf. "Gut
organisierte und ruhige" Wahlen seien von entschiedener Bedeutung für
Georgien, das unter "Druck" und "Erpressung" stehe,
sagte er nach seiner Stimmabgabe in Tiflis (Tbilisi) laut Onlinemagazin "Civil
Georgia" in Anspielung auf die gespannten Beziehungen zu Russland wegen
Abchasien. Der Urnengang sei auch "ein wichtiger Test für Georgiens
Demokratie", sagte der Präsident.
Die Opposition warf Saakaschwilis Partei unterdessen Betrug vor. "Sie machen alles, um die Abstimmung zu fälschen", sagte Oppositionsführer Lewan Gatschetschiladse. Am Abend würden deshalb 100.000 seiner Anhänger in Tiflis auf die Straße gehen. Gamkrelidse berichtete, dass Oppositionsvertreter gewaltsam angegriffen worden seien und forderte die Annullierung der Ergebnisse in zwölf Wahllokalen. Der Vorsitzende der regionalen Wahlkommission bestätigte die Tumulte in einem Wahllokal, diese seien aber beigelegt worden.
Ein Parlamentarier der regierenden Partei, Gigi Tsereteli, beschuldigte seinerseits die Opposition, in ein Wahllokal eingebrochen zu sein und die Wahlurne zerstört zu haben. Journalisten der regierungstreuen Sender Rustawi 2 und Mze sind nach einem Bericht des Privatsenders Radio Imedi angegriffen und brutal geschlagen worden. Diese Auseinandersetzung mit Oppositionsvertretern sollen sich in der Nähe von Sugdidi ereignet haben.
Bisher mäßige Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung bei
der Parlamentswahl betrug bis zu Mittag 21,79 Prozent, teilte die Zentrale
Wahlkommission mit. Bei der Präsidentschaftswahl habe die Teilnahme zum
gleichen Zeitpunkt bei 16 Prozent gelegen, so die Kommission. Umfragen
zufolge kann die Partei Saakaschwilis, die Vereinte Nationale Bewegung, mit
54 Prozent der Stimmen rechnen, der Block Vereinte Opposition aus neun
Parteien dagegen nur mit 19 Prozent.
Rund 3,5 Millionen Bürger waren aufgerufen, die 150 Abgeordneten für ein neues Parlament zu wählen. Kurz nach Schließung der Wahllokale um 18.00 MESZ (20.00 Uhr Ortszeit) sollen erste Exit Polls vorliegen. Die Zentrale Wahlkommission kündigte für Donnerstag früh erste aussagekräftige Resultate an. Saakaschwili forderte am Abend vor der Wahl alle politischen Kräfte auf, die Ergebnisse anzuerkennen.
Westliche Beobachter sehen die Parlamentswahl als Test der demokratischen Gesinnung Saakaschwilis, der 2003 in der friedlichen "Rosen-Revolution" an die Macht gekommen war. Im November ließ er jedoch Proteste gewaltsam niederschlagen. Vorwürfe der Opposition, es habe Unregelmäßigkeiten bei der vorgezogenen Präsidentenwahl im Jänner gegeben, weist der in den USA ausgebildete Jurist zurück.