Einhellig

Heftige Kritik an "Idomeneo"-Absetzung

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Nachdem die Deutsche Oper auf Mozarts Werk aus Furcht vor islamistischen Anschlägen verzichtet, regt sich allerorten Unmut.

Die Absetzung der Mozart-Oper "Idomeneo" in Berlin aus Furcht vor islamistischen Anschlägen ist parteiübergreifend auf scharfe Kritik gestoßen. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht aus Angst vor gewaltbereiten Radikalen immer mehr zurückweichen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth nannte die Entscheidung am Mittwoch ein "Signal von Feigheit". Der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz erklärte, die Intendanz der Deutschen Oper blamiere sich grenzenlos.

"Wenn nicht einmal mehr die Intendantur eines Opernhauses für die Freiheit der Kunst ficht und streitet, wer soll das denn sonst tun", kritisierte Wiefelspütz. Merkel äußerte sich ähnlich: " Selbstzensur aus Angst ist nicht erträglich", sagte die Bundeskanzlerin der "Neuen Presse" in Hannover. Zulässig sei Selbstbeschränkung nur, "wenn sie aus Verantwortung im Rahmen eines echten, vollkommen gewaltlosen Dialogs der Kulturen folgt". Merkel forderte eine offensive Debatte über Meinungs- und Pressefreiheit. Selbstzensur helfe im Kampf gegen den gewaltbereiten Islamismus nicht weiter. "Deshalb hat es keinen Sinn, immer weiter zurückzuweichen, sondern wir müssen uns der Diskussion stellen und an dieser Stelle der Presse- und Meinungsfreiheit den Vorzug geben", betonte Merkel.

"Ich lebe doch nicht in einem Gottesstaat"
Die Grünen-Vorsitzende Roth sprach sich grundsätzlich gegen eine Absetzung von Opern-Inszenierungen aus Gründen religiöser Rücksicht aus. " Integration basiert auch auf dem Konzept von Toleranz", sagte sie. " Und Toleranz heißt auch Zumutungen. Und dann muss man eben auch eine Opernaufführung ertragen, die eine Zumutung darstellt." Die Entscheidung von Harms halte sie deshalb für falsch. "Ich lebe doch nicht in einem Gottesstaat."

Kritisch äußerten sich auch die Unions-Politiker Günther Beckstein und Wolfgang Bosbach. Der bayerische Innenminister sagte der "Frankfurter Rundschau", die Absetzung der Oper sei ein trauriger Beleg dafür, dass die islamistisch-extremistische Agitation gegen die Meinungsfreiheit offenbar bereits Wirkung zeige. Bosbach erklärte in N24, die Gesellschaft dürfe nicht aufgeben oder relativieren, was in jahrhundertelangen Kämpfen an Menschen- und Bürgerrechten erworben worden sei. "Wenn es eine konkrete Gefahr gibt, dann ist es Sache der Sicherheitsbehörden, diese Gefahr abzuwehren", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet betonte, der vorauseilende Gehorsam der Intendantin der Deutschen Oper setze auch Muslime unter Rechtfertigungszwang. "Sie haben diesmal gar nichts gemacht, sondern es ist unsere eigene Feigheit, dass wir bestimmte Dinge nicht mehr aufführen", kritisierte der CDU-Politiker im Westdeutschen Rundfunk. Auch die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, warnte vor übermäßiger Zurückhaltung: " Wir müssen uns davor hüten, künftig andere Religionen oder Staaten um Erlaubnis bitten zu müssen, ob wir diese oder jene sehr freimütige Szene in einer Oper oder eine Karikatur gestatten", erklärte die jetzige Präsidentin des Goethe-Instituts am Mittwoch im Sender NDR Info.

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