Vermutlich handelt es sich um eine Folge der CIA-Geheimgefängnis-Affäre.
Litauens Außenminister Vygaudas Usackas wirft nach heftiger Kritik seitens Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite das Handtuch. Usackas kündigte im Anschluss an eine Kabinettssitzung am Mittwochabend seinen Rücktritt an. Der Chefdiplomat begründete seine Entscheidung damit, dass er innerhalb der Regierung und bei Präsidentin Grybauskaite keinen Rückhalt mehr habe. Ministerpräsident Andrius Kubilius bestätigte am Donnerstag Früh, Usackas' Rücktrittsgesuch demnächst zu erwarten.
Grybauskaite hatte in den vergangenen Tagen Usackas im Zusammenhang mit dessen Verhalten in der so genannten CIA-Affäre heftig kritisiert und dessen Rücktritt verlangt. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss war vor Weihnachten zu dem Ergebnis gekommen, dass US-Berichte über ein inoffizielles Gefängnis des US-Geheimdienstes CIA in Litauen vermutlich stimmen.
Fragwürdige Interpretation
Im Dezember war der Konflikt
zwischen Grybauskaite und Usackas offen ausgebrochen, als der Außenminister
das Ergebnis des parlamentarischen Untersuchungsausschusses öffentlich
dahingehend interpretiert hatte, dass keine endgültigen Beweise für die
Existenz eines geheimen CIA-Gefängnisses erbracht worden seien und die
Angelegenheit damit vom Tisch sei. Schon im November hatte Usackas
detaillierte US-Medienberichte mit dem Satz quittiert, er habe "wichtigeres
zu tun als Journalisten-Geschwätz zu dementieren" und damit den Zorn der
Staatspräsidentin auf sich gezogen.
Der U-Ausschuss war kurz vor Weihnachten zum Ergebnis gekommen, dass es in den Jahren 2004-2005 möglicherweise sogar zwei CIA-Gefängnisse in Litauen gegeben haben könnte. Grybauskaite, auf deren Initiative der Parlamentsausschuss überhaupt erst zustande gekommen war, verlangte daraufhin weitergehende Ermittlungen.
US-Medien hatten vergangenen Sommer von einer Elite-Reitschule außerhalb von Vilnius berichtet, die über ein Jahr lang als hochmodernes Foltergefängnis für Guantanamo-Häftlinge gedient haben soll. Dessen Existenz wurde von den meisten der damals maßgebenden Spitzenpolitikern - allen voran Staatspräsident Valdas Adamkus und Ministerpräsident Algirdas Brazauskas - als ausgeschlossen dementiert.
Einwilligung des Präsidenten
Der im Frühjahr 2004 seines
Amtes enthobene Präsident Rolandas Paksas hatte gegenüber dem
Parlamentsausschuss dagegen ausgesagt, der damalige Geheimdienstchef Mecys
Laurinkus habe ihn im Jahr 2003 um seine Einwilligung zur Verbringung von
Terrorverdächtigen nach Litauen im Sinne einer "Unterstützung unserer
Partner" gebeten. Paksas habe ihm diese jedoch verweigert. Unter anderem der
US-Sender ABC hatte davor unter Berufung auf informierte Quellen behauptet,
Litauen habe sich den USA im Gegenzug für die Sicherung des NATO-Beitritts
(Ende März 2004) als Basis für ein geheimes CIA-Gefängnis zur Verfügung
gestellt.
Ex-Geheimdienstchef Laurinkus wurde noch im Dezember unmittelbar nach Bekanntwerden von Paksas' Aussage von seinem Posten als litauischer Botschafter in Georgien abgezogen. Ein paar Tage davor war der amtierende Chef des litauischen Geheimdienstes VSD Povilas Malakauskas "aus persönlichen Gründen" - laut Medienberichten jedoch ebenfalls als Folge der CIA-Gefängnisaffäre - zurückgetreten. Präsidentin Grybauskaite forderte am Mittwoch eine tiefgreifende Reform des Systems der Nationalen Sicherheit in Litauen.