Nach der Festnahme des mutmaßlichen obersten Anführers der ETA in Frankreich fürchtet Madrid Vergeltungsaktionen der Terroristen.
Nach der Festnahme des mutmaßlichen obersten ETA-Chefs in Frankreich befürchtet Spanien eine blutige Vergeltungsaktion der baskischen Untergrundorganisation. Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba versetzte die Sicherheitskräfte nach Presseberichten vom Donnerstag in erhöhte Alarmbereitschaft. Es sei zu befürchten, dass die ETA mit einem Anschlag auf die Festnahme ihrer mutmaßlichen "Nummer eins", Francisco Javier Lopez Pena alias "Thierry", reagiere. Dieser war nach mehr als 20 Jahren auf der Flucht am Dienstagabend mit drei mutmaßlichen Stellvertretern in Bordeaux gefasst worden. Die ETA hat bereits in der Vergangenheit mit Attentaten auf Polizeierfolge geantwortet.
Warnung der baskischen Regierung
Auch die baskische Regierung
warnte am Donnerstag vor möglichen Terroraktionen der ETA. Das Ziel könnten
Polizisten und Politiker sein. In Bordeaux ging unterdessen die Durchsuchung
der Wohnung des mutmaßlichen ETA-Chefs zu Ende. Die Ermittler stellten fünf
Pistolen, Sprengstoff sowie gefälschte Ausweise und Autokennzeichen sicher,
wie die spanische Polizei mitteilte. Entdeckt wurden auch Unterlagen, die zu
weiteren Festnahmen führen könnten. Die Beamten fanden zudem zwei gestohlene
Fahrzeuge, die möglicherweise als Autobomben präpariert werden sollten.
Die Wohnung von Lopez Pena wurde nach Presseberichten schon seit Wochen von französischen und spanischen Spezialeinheiten observiert. Die Polizeiaktion habe jedoch vorgezogen werden müssen, weil die Medien durch eine Indiskretion davon erfahren hätten. Dadurch sei den Fahndern möglicherweise der Chef der ETA-Terrorkommandos, Garikoitz Aspiazu alias "Txeroki", entwischt. Im Zuge der Ermittlungen konnten am Mittwoch aber zwei weitere Verdächtige in Spanien und Frankreich gefasst werden.
Schwerer Schlag für Terrororganisation
Die Festnahme von
Lopez Pena war der seit Jahren schwerste Schlag im Kampf gegen die ETA. Nach
Angaben von Innenminister Perez Rubalcaba stand der 49-Jährige sowohl dem
politischen als auch dem militärischen Apparat der Organisation vor. "Es war
deshalb keine gewöhnliche Festnahme", sagte er. Besiegt sei die ETA aber
noch nicht. "Wir sind ihrem Ende nähergekommen. Aber ihr Ende ist das noch
nicht." Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero würdigte den
Polizeierfolg als "wichtigen Sieg der Demokratie über den Terror".
"Thierry" politischer und militärischer Führer
Seit
Ende der 60er Jahre sind mehr als 800 Menschen dem blutigen Kampf der ETA
für ein autonomes Baskenland in Nordspanien und Südwestfrankreich zum Opfer
gefallen. "Thierry" soll die Gruppe seit zwei Jahren politisch und
militärisch geführt haben. Er war nach spanischer Darstellung der
Hauptverantwortliche für das Scheitern der Friedensgespräche mit der
Regierung in Madrid vor zwei Jahren und der anschließenden Aufkündigung
eines Waffenstillstandes.
Unter den vier ETA-Mitgliedern, die von französischen Sicherheitskräften in einer Wohnung nahe des Hauptbahnhofes der südwestfranzösischen Stadt Bordeaux festgenommen worden waren, ist auch die "Sprecherin" der Organisation. Ainhoa Ozaeta Mendiondo hatte nach dem Scheitern der Geheimverhandlungen mit der Regierung im Juni 2007 das endgültige Ende der Waffenruhe verkündet.
Als Folge der Aktion wurde am Mittwoch auch der frühere Bürgermeister einer baskischen Stadt, Jose Antonio, in Nordspanien verhaftet. In Bordeaux nahm die Polizei einen 79-jährigen Franzosen fest, der die Wohnung für Lopez Pena gemietet haben soll.