Das OSZE ist mit den Parlamentswahlen in Mazedonien nicht zufrieden. Gewaltakte wurde nicht verhindert und Gesetze nicht durchgesetzt.
Die Gewalttaten bei der mazedonischen Parlamentswahl am Sonntag stellen den EU-Annäherungskurs der früheren jugoslawischen Teilrepublik infrage. Der Urnengang habe nicht internationalen Standards entsprochen, kritisierte die Wahlbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Montag in Skopje. Die EU-Kommission hatte zuvor betont, faire und freie Wahlen seien "ein essenzielles Element" für Fortschritte in den EU-Beitrittsgesprächen. Bei den Vorfällen am Wahltag war ein Mensch ums Leben gekommen, neun weitere wurden verletzt, in mehreren Orten musste die Wahl verschoben werden.
Keine Fortschritte
"Die Erwartungen, dass es Fortschritte geben
würde, erfüllten sich nicht, weil Gewaltakte in albanischen Gebieten nicht
verhindert und die Gesetze nur in begrenztem Maße und selektiv durchgesetzt
wurden", kritisierten die OSZE-Beobachter in ihrem vorläufigen Bericht. Ein
endgültiges Urteil werde man sich nach der teilweisen Wahlwiederholung in
zwei Wochen bilden. In etwa einem Prozent der Wahllokale musste der
Urnengang abgebrochen und auf 15. Juni verschoben werden.
Ministerpräsident Nikola Gruevski, dessen nationalkonservative Partei mit über 48 Prozent der Stimmen einen Erdrutschsieg errang, bedauerte die Gewalttaten. Zugleich betonte er, dass es nur in einem kleinen Teil des Landes Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Die geschlagene sozialdemokratische Oppositionsführerin Radmila Sekerinska sagte jedoch, dass der Preis dieser Wahlen wegen der Opfer viel zu hoch gewesen sei.
Rivalität
Grund für die Gewalt waren offenbar Rivalitäten
zwischen den beiden Albanerparteien DPA (Demokratische Partei der Albaner)
und DUI (Demokratische Integrationsunion). Nachdem es schon im Wahlkampf
gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben hatte, kam es am Wahltag kam es in
mehreren Orten in Westmazedonien und bei Skopje zu Schießereien bei
Parteizentralen und Wahllokalen. Es gab auch Berichte über gefälschte
Wahlzettel und gestohlene Wahlurnen. Die DUI des früheren Rebellenführers
Ali Ahmeti warf der DPA vor, zusammen mit der Polizei für "Provokationen,
Gewalt und Psychoterror" verantwortlich gewesen zu sein. Die DUI konnte bei
der Wahl mit 11,09 Prozent knapp ihre führende Stellung unter den Albanern
behaupten, während die DPA auf 10,20 Prozent kam.
Die nationalkonservative VMRO-DPMNE des Ministerpräsidenten erzielte bei der Wahl einen überraschend klaren Sieg. Mit 48,33 Prozent der Stimmen ist die "Demokratische Partei für die Nationale Einheit - Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation" nun nicht mehr auf die Unterstützung ihres bisherigen albanischen Koalitionspartners DPA angewiesen. Der oppositionelle Sozialdemokratische Bund (SDSM) von Sekerinska landete mit 23,39 Prozent der Stimmen abgeschlagen auf dem zweiten Platz.
"Historischer Sieg"
Gruevski sprach in der Wahlnacht
von einem "historischen Sieg" und versprach eine weitere EU- und
NATO-Annäherung. Mazedonien hofft noch heuer auf einen konkreten Termin für
Beitrittsverhandlungen. Experten in Skopje bezweifeln jedoch, dass es dazu
kommen wird. "Wir haben unseren EU- und NATO-Ambitionen auf Wiedersehen
gesagt", kommentierte die einflussreiche Tageszeitung "Dnevnik" am Montag.
"Nach dem griechischen Veto (gegen den mazedonischen NATO-Beitritt) in
Bukarest haben wir jetzt uns selbst in Aracinovo mit einem Veto belegt",
hieß es in Anspielung auf die Schießereien in dem albanischen Dorf bei
Skopje.
Die vorgezogene Parlamentswahl war von Gruevskis Partei angestrebt worden, nachdem die Regierungskoalition am Streit über die Anerkennung der Unabhängigkeit des mehrheitlich albanischen Kosovo zerbrochen war. Etwa ein Viertel der Bewohner Mazedoniens sind Albaner. Im Jahr 2001 war es im Land zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen albanischen Rebellen und den Sicherheitskräften gekommen. Daraufhin wurden den Albanern mehr Autonomierechte gewährt.