Kein Fortschritt

Merkels erster Türkei-Besuch überschattet

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Die deutsche Bundeskanzlerin und der türkische Premier Erdogan beharren in der Zpyern-Frage auf den gegenteiligen Standpunkten.

Der Streit um Zypern in Hinblick auf einen möglichen EU-Beitritt der Türkei hat den Auftakt des ersten Besuchs von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ankara überschattet. Sie und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beharrten nach einer ersten Unterredung am Donnerstag auf den bisherigen gegenteiligen Standpunkten in der Zpyern-Frage.

Kein Ende des Streits in Sicht
Zwar schließt im Streit mit der Europäischen Union um eine faktische Anerkennung Zyperns die Türkei eine Öffnung ihrer Häfen für zypriotische Waren nicht mehr grundsätzlich aus. Sie pocht aber im Gegenzug auf ein Ende der "Isolation" des türkischen Nordteils der Insel. "Solange diese Isolation noch besteht, können wir die Öffnung der Flughäfen und Häfen nicht ermöglichen" , sagte Erdogan nach seinem Treffen mit Merkel. "Das wäre nicht gerecht. " Zugleich würdigten die beiden Politiker die bilateralen Beziehungen und hoben vor allem die wirtschaftliche Zusammenarbeit hervor.

Merkel sagte, das Ankara-Protokoll, das eine Öffnung der Häfen und damit faktisch eine Anerkennung des EU-Mitglieds Zypern vorsieht, müsse erfüllt werden. "Ich glaube, dass es selbstverständlich ist, dass, wenn Mitgliedstaaten in der EU miteinander kooperieren wollen, dazu auch freie Handelsbeziehungen, die Erreichbarkeit von Häfen und Flughäfen gehören. " Vorsichtig optimistisch äußerte sich Merkel über einen neuen finnischen Vorschlag in dieser Frage.

In geheimen Verhandlungen mit Nikosia und Ankara bemüht sich die finnische EU-Ratspräsidentschaft, ein mögliches zypriotisches Veto abzuwenden und damit ein "Entgleisen" des EU-Beitrittsprozesses der Türkei zum Ende dieses Jahres abzuwenden. Die EU-Kommission will am 8. November ihren Bericht zum Verlauf der Türkei-Verhandlungen vorlegen. Der EU-Gipfel befasst sich damit im Dezember. Die Türkei setzt dabei weiterhin auf die Regierung in Berlin. "Beim EU-Prozess der Türkei war Deutschland immer mit an der Seite der Türkei", sagte Erdogan. Er glaube, dass die Unterstützung auch dann weitergehe, wenn Deutschland kommendes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernehme.

Zahlreiche Gesprächsthemen
Merkel, die am Abend mit Erdogan an einem islamisch-traditionellen Fastenbrechen-Mahl (Iftar) teilnehmen wollte, sprach zugleich Fragen der Integration der in Deutschland lebenden Türken an. An einem Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder habe die deutsche Wirtschaft große Erwartungen. Bedeutsam sei auch die Tatsache, dass Deutschland und die Türkei innerhalb der UN-Mission zur Sicherung des Friedens im Nahen Osten gemeinsam Verantwortung übernommen hätten.

Merkel nimmt an diesem Freitag in Istanbul an einem deutsch-türkischen Wirtschaftsforum teil und trifft türkische religiöse Führer auch der nichtmuslimischen Minderheiten. So steht eine Begegnung mit dem Patriarchen Bartholomäus I., dem Ehren-Oberhaupt der christlichen Orthodoxie, auf dem Programm. Anschließend wollen Merkel und Erdogan gemeinsam mit Bartholomäus und den Oberhäuptern der islamischen, jüdischen und armenisch-apostolischen Gemeinden in Istanbul sprechen. Dieses Treffen soll das besondere Interesse der Kanzlerin an einem Dialog der Kulturen in der Türkei verdeutlichen.

Merkel wird von 20 Managern aus den Bereichen Tourismus, Energie und Verkehr begleitet. Auch Industriepräsident Jürgen Thumann gehört der Wirtschaftsdelegation an. Vor der Abreise forderte er die Unternehmen in beiden Ländern auf, den Annäherungsprozess an die EU konstruktiv zu begleiten. Die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen beschrieb der BDI-Präsident positiv. Die Zollunion mit der Türkei berge weiteres Potenzial.

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