Regierung verhaftet

Militär-Putsch in Mauretanien

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Ausnahmezustand in Mauretanien: Das Militär hat geputscht - es nahm den Staatspräsidenten und den Premier fest.

In der westafrikanischen Republik Mauretanien hat am Mittwoch unter Führung des kurz zuvor abgesetzten Kommandanten der Präsidentengarde, General Ould Abdel Aziz, ein Putsch gegen die zivile Staatsführung stattgefunden. Staatspräsident Sidi Ould Cheikh Abdallahi und Ministerpräsident Yahya Ould Ahmed Waghf wurden festgenommen. Der Präsident hatte vorher General Abdel Aziz und Generalstabschef Ould Cheikh Mohamed Ahmed, die beide maßgeblich am Putsch von 2005 beteiligt gewesen waren, von ihren Posten abberufen und durch Oberst Ahmed Ould Ismail bzw. Oberst Abderrahman Ould Boubacar ersetzt.

Schwere innenpolitische Krise
Der Zivilist Abdallahi (70) war im März 2007 nach Verabschiedung einer neuen Verfassung zum Präsidenten gewählt worden. Das Land befindet sich derzeit in einer schweren innenpolitischen Krise; am Montag hatten 48 Parlamentsabgeordnete der Präsidentenpartei PNDD ("Nationalpakt für Demokratie und Entwicklung") ihre Mandate niedergelegt. Nach Informationen von politischen Beobachtern in der Hauptstadt Nouakchott soll der "Aufstand" innerhalb der PNDD gegen den Präsidenten von General Abdel Aziz und anderen Mitgliedern des früheren Revolutionsrates gesteuert worden sein, der 2005 die Macht ergriffen und 2007 die Demokratie wiederhergestellt hatte. Der Abgeordnete Mohammed Al Moukhtar sagte dem arabischen TV-Sender Al-Jazeera, viele Bürger unterstützten den Umsturz.

Nach Angaben aus Kreisen des Präsidialamts und seiner Tochter brachten die Putschisten Präsident Abdallahi in ihre Gewalt. Ihr Vater sei um 11.20 Uhr (MESZ) von Angehörigen der Präsidentengarde abgeführt worden, sagte Amal Mint Cheikh Abdallahi. Auch der Ministerpräsident und der Innenminister seien gefangen genommen worden, hieß es. Das Gebäude des Staatsfernsehens sei von Soldaten umstellt. Augenzeugen berichteten von Truppenbewegungen in Nouakchott.

Paris schaltet sich ein
Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich reagierte zunächst nicht auf den Putsch. Man sei in Verbindung mit der Botschaft in Nouakchott, um sich die Ereignisse bestätigen zu lassen, sagte ein Sprecher des Quai d'Orsay in Paris. Das westafrikanische Land ist mit etwas über einer Million Quadratkilometern etwa 13 mal so groß wie Österreich, hat allerdings lediglich rund drei Millionen Einwohner. Das zu über 80 Prozent aus Wüste bestehende Land gehört zu den ärmsten und am höchsten verschuldeten der Welt. Mauretanien mit seiner zu über 99 Prozent muslimischen Bevölkerung wurde 1960 unabhängig und ist Mitglied der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union.

Zuletzt hatte das mauretanische Militär im August 2005 geputscht und damals die über zwanzigjährige Herrschaft des Diktators Maaouya Ould Sid'Ahmed Taya beendet. Abdallahi galt bei seiner Wahl als Vertrauensmann Tayas und Exponent des früheren Regimes. Taya war ein Verbündeter der USA und hatte Kontakte mit Israel aufgenommen. Nach Tayas Sturz hatte das Militär eine Reihe von inhaftierten islamischen Fundamentalisten freigelassen, die mit radikalen Gruppen in Algerien in Verbindung gewesen sein sollen. Taya war 1984 selbst durch einen Putsch an die Macht gekommen. Mit seiner Politik der Annäherung an die USA und Israel hatte er sich viele Feinde gemacht. Nach dem Putsch 2005 war es in der Hauptstadt zu spontanen Freudenkundgebungen gekommen.

EU verurteilt Machtergreifung
EU-Entwicklungskommission Louis Michel hat am Mittwoch den Militärputsch in Mauretanien "scharf verurteilt" und mit einer Aussetzung der EU-Hilfe gedroht. Die EU hatte mit Mauretanien erst kürzlich ein Unterstützungsprogramm über 156 Millionen Euro für 2008 bis 2013 vereinbart.

Der Putsch bringe die demokratischen Fortschritte in Gefahr, die Mauretanien - nicht zuletzt mit politischer und finanzieller Unterstützung der EU - seit dem Putsch 2005 gemacht hat, so die Brüsseler Behörde.

Foto: (c) APA

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