Frankreichs Innenminster Nicolas Sarkozy gerät weiter unter Druck: Kritiker beschuldigen ihn, die Justiz für private Interessen zu missbrauchen.
Der bürgerliche französische Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy muss sich erneut gegen Vorwürfe des Machtmissbrauchs erwehren. Kritiker beschuldigten den Innenminister am Dienstag, er habe das Justizsystem für eigene Zwecke genutzt. So seien bei der Suche nach dem gestohlenen Roller seines Sohnes DNA-Tests angeordnet worden.
"Diebstähle an der Tagesordnung"
Diebstähle seien
in Frankreich an der Tagesordnung, sagte der Politiker Francois Bayrou, der
bei der Präsidentschaftswahl im Frühjahr ebenfalls antreten will, dem
Radiosender RTL. "Sie führen jedoch nicht dazu, dass die Mittel der
Polizei auf diese Weise ausgeschöpft werden." Offenbar gebe es für
mächtige Menschen andere Regeln als für Normalbürger. Sarkozy war für eine
Stellungnahme nicht zu erreichen. Ein Sprecher der Polizei bestritt jedoch
eine spezielle Behandlung des Falles. Der gestohlene Roller von Sarkozys
Sohn sei in einem Keller gefunden worden, sagte er. Da Zeugen zwei
Jugendliche mit einem ähnlichen Roller gesehen hätten, hätten die Ermittler
nach Fingerabdrücken und DNA-Spuren gesucht. Dies sei ein normales Vorgehen
an einem Tatort.
Sarkozy geriet in den vergangenen Tagen bereits unter Druck, nachdem bekannt wurde, dass der ihm unterstellte polizeiliche Geheimdienst einen Berater der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Segolene Royal ausspioniert hat. Sarkozy wies den Vorwurf, er habe dies angeordnet, zurück. Auch Rücktrittsaufforderungen wollte er nicht nachkommen.
Sarkozy liegt derzeit in Umfragen vor Royal
Umfragen sehen
Sarkozy eindeutig vor der sozialistischen Bewerberin Ségolène Royal. Noch
vor ihrer Veröffentlichung machte eine Befragung am Dienstag in beiden
Lagern Furore, wonach Sarkozy in der Stichwahl mit 54 Prozent gegen Royal
siegen würde.
Diese Ipsos-Umfrage war für das Magazin "Le Point" gemacht worden und sieht Sarkozy erstmals klar in Führung. Eine Ifop-Befragung für "Paris-Match" ergab 52 Prozent für ihn. Royal durchläuft eine Phase der Schwäche und führt im Gegensatz zu Sarkozy noch keinen programmatisch offensiven Wahlkampf. Ende April und Anfang Mai sind die Wahlgänge zur Nachfolge von Jacques Chirac.