Serbiens Ministerpräsident Kostunica findet den Vorschlag "nachhaltig, stabil und funktional". Albert Rohan sieht wenig Chancen auf eine Einigung.
Die Verhandlungen über die Zukunft der seit 1999 von der UNO verwalteten südserbischen Provinz sind in der entscheidenden Phase. Belgrad schlug am Montag bei den entscheidenden Gesprächen in Wien über die Zukunft der seit 1999 von der UNO verwalteten südserbischen Provinz Kosovo eine Lösung nach dem Vorbild der britischen Ex-Kolonie Hongkong vor.
Kosovo mit Status von Hongkong in VR China
Die weitgehende
Autonomie für den Kosovo solle mit dem Vertrag über den Status von Hongkong
als administrative Sondereinheit innerhalb der Volksrepublik China
verglichen werde, sagte der serbische Ministerpräsident Vojislav Kostunica
laut Redetext. Mitglieder der kosovo-albanischen Delegation wollten
gegenüber Journalisten zunächst keine Stellungnahmen abgeben.
"Nachhaltig, stabil und funktional"
Das
Hongkong-Modell sei "nachhaltig, stabil und funktional", betonte
der Premier. Von entscheidender Bedeutung sei, dass mit diesem Ansatz eine
Lösung erzielt werden könnte, die mit dem internationalen Recht im Einklang
sei. Das Hongkong-Modell habe sich als erfolgreich erwiesen.
Kosovo-albanische Delegation sieht keine Fortschritte
Es habe
"unglücklicherweise keinen Fortschritt" gegeben. Dies sagte der Sprecher der
kosovo-albanischen Delegation, Skender Hyseni, gegenüber Journalisten. Das
von Belgrad vorgeschlagene Hongkong-Modell sei für Pristina nicht annehmbar,
da es sich um einen völlig unterschiedlichen historischen Kontext handle.
Dieses Modell wäre eine "völlig konfuse Lösung", sagte Hyseni.
"Missinterpretation Belgrads"
Hyseni sprach von einer
"Missinterpretation Belgrads", da Serbien versuche, seine Souveränität zu
wahren. Pristina sei völlig dagegen und setze sich für eine "nachhaltige
Lösung" ein. "Die einzig nachhaltige Lösung ist die Unabhängigkeit."
Pristina will Freundschaftsvertrag
Pristina habe erneut den
"Freundschaftsvertrag" zur Regelung der künftigen Beziehungen "zweier
unabhängiger Staaten" präsentiert. Dieses Abkommen sehe etwa einen Ständigen
Rat für Zusammenarbeit vor, der alle sechs Monate zusammen kommen und
Fortschritte überprüfen solle. Pristina habe zum Ziel, eine "friedliche
Umwelt" für die Menschen im Kosovo zu schaffen.
"Ein Land, zwei Systeme" bei Hongkong
Die ehemalige
britische Kronkolonie Hongkong wurde 1997 als gleichgeschaltete
Sonderverwaltungszone unter der Formel "Ein Land, zwei Systeme"
wieder unter die Souveränität Chinas gestellt. Den Verwaltungschef setzt de
facto Peking ein, die Verwaltung ist - Außen- und Verteidigungspolitik
ausgenommen - autonom. Von den Mitgliedern des Hongkonger Legislativrates
wird nur die Hälfte von der Bevölkerung gewählt. Im chinesischen Parlament
ist das Sondergebiet ausschließlich durch Persönlichkeiten vertreten, die
der Pekinger Führung genehm sind.
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Die Kosovo-Lösung müsse drei Herausforderungen bewältigen, meinte Tadic: Wünsche der Menschen im Kosovo zufriedenstellen, die Souveränität im Kontext der internationalen Rechtsordnung schützen und einen Beitrag zur regionalen und geostrategischen Stabilität leisten. Der Präsident betonte zudem, dass die UNO-Sicherheitsrats-Resolution 1244 das "höchste Instrument" bleiben müsse, mit dem nach einer Konfliktlösung gesucht werde. In dieser Resolution wurde der Provinz "substanzielle Autonomie und Selbstverwaltung" nach einer Periode internationaler Überwachung versprochen. Scharf kritisierte Tadic die Lage der Nicht-Albaner im Kosovo. Pristina habe die Rechte der Minderheiten nicht ausreichend geschützt. Dieses Versäumnis mache die Forderung nach einem souveränen Status "absurd".
Experten uneinig
Unterschiedlich war die Erwartungshaltung von
Balkan-Experten. "Ich bin weiter zuversichtlich, dass wir imstande
sind, einen Fortschritt zu erreichen", sagte Wolfgang Ischinger,
Vorsitzender der "Kosovo-Troika", die sich aus Ischinger (EU),
Frank Wisner (USA) und Alexander Bozan-Chartschenko (Russland)
zusammensetzt. Ein "kleiner Zeitdruck" könnte durchaus hilfreich
sein, meinte Ischinger im Hinblick auf die Frist 10. Dezember, bis zu der
die Troika dem UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon einen Abschlussbericht
übergeben soll.
Rohan sieht wenig Chancen auf Einigung
Der ehemalige
stellvertretende UN-Chefunterhändler und frühere Generalsekretär im
österreichischen Außenministerium, Albert Rohan, sieht hingegen wenig
Chancen auf eine Einigung. "Ein internationaler Konflikt kann nicht auf
dem Verhandlungstisch gelöst werden, wenn nicht ein Minimum an politischem
Willen vorhanden ist", sagte Rohan laut Nachrichtenagentur AFP dem
Deutschlandradio Kultur. Die Chance, dass die Konfliktparteien von ihren
sich gegenseitig ausschließenden Positionen abrückten, sei mehr als gering.