Mit scharfen Attacken gegen Union und FDP will man Profil zeigen.
Mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung will die SPD aus ihrem Tief herauskommen und bis zur Bundestagswahl am 27. September einen Stimmungswandel erreichen. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier rief am Sonntag auf dem Parteitag in Berlin in einer kämpferischen Rede zu einem "fulminanten Wahlkampf" auf. "Wir machen Wahlkampf, damit Frank-Walter Steinmeier Bundeskanzler wird", kündigte Parteichef Franz Müntefering an.
Kanzleranspruch
"Ich sage Euch, das Ding ist offen und wir werden
das offen halten und am Ende gewinnen", rief Steinmeier den 525 Delegierten
zu. Er sehe trotz der Europawahl "keinen Grund, kleinere Ziele zu stecken".
Steinmeier bekräftigte ungeachtet des Meinungstiefs für die SPD seinen
Anspruch auf die Kanzlerschaft: "Ich will Kanzler aller Deutschen werden."
Vorwürfe
Die Wahl sei eine Richtungsentscheidung. "Es geht
jetzt um Führung, es geht um Klarheit, es geht um Richtung", so Steinmeier.
Er warf den Unions-Parteien und Kanzlerin Merkel vor, keinen Kurs zu haben.
Deren Motto laute: "Abwarten, Abtauchen, Abgucken. Draufsetzen." CDU und CSU
seien nicht auf der Höhe der Zeit. Ihnen falle nur "der einfallslose Ruf
nach Steuersenkungen und Weiter-So" ein. "Wir lavieren und taktieren nicht
herum", unterstrich Steinmeier.
Gegen neoliberale Ideologie
Bei der Bundestagswahl gehe es auch
um die Richtungsentscheidung "Arbeit statt Abbruch". Der Grundsatz der SPD
bleibe dabei: "Arbeit ist besser als Insolvenz." Die neoliberale Ideologie,
"die uns in diese Krise geführt hat, darf doch nicht die Antwort auf diese
Krise sein", erteilte Steinmeier marktradikalen Ideen eine Absage. Seine
Rede wurde von den Delegierten mit zehnminütigem begeisterten Beifall
gefeiert.
Tradition
Mit dem Bekenntnis zu traditionellen Zielen der
Sozialdemokratie hatte Müntefering zuvor den Parteitag eingeleitet. "Manche
glauben, die SPD ist im Staub oder auf den Knien", sagte der Parteichef. Die
Sozialdemokraten würden aber für ihre Ziele kämpfen. Es gehe bei der
Bundestagswahl "um die Substanz". Die SPD stehe für soziale Gerechtigkeit,
Mindestlohn und das Menschenrecht auf Bildung. "Es ist gut, wenn der
unsoziale, zügellose Kapitalismus der weltweiten Finanzmärkte Regeln
bekommt", sagte Müntefering mit Blick auf die Finanzkrise.
Schröder anwesend
An dem Parteitag nahm erstmals seit langem
wieder der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder teil, der von den
Delegierten mit großem Beifall begrüßt wurde. Dagegen fehlte Ex-Parteichef
Kurt Beck wegen einer Erkrankung. Am Rande des Kongresses demonstrierten
Umweltverbände für einen Verzicht auf den Bau neuer Kohlekraftwerke.