Taliban-Geisel

Südkoreanerin verzichtete auf Freilassung

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Polnische Soldaten haben den hochrangigen Taliban "Puma" festgenommen. Dieser soll nun gegen die 19 Geiseln getauscht werden.

Eine der von den Taliban in Afghanistan entführten südkoreanischen Entwicklungshelferinnen hat zugunsten einer anderen Geisel auf ihre Freilassung verzichtet. Die Frau habe diese Entscheidung damit begründet, dass sie bereits mehr Erfahrung mit dem Leben in Afghanistan habe, sagten die beiden kürzlich freigelassenen Südkoreanerinnen dem Fernsehsender Al Jazeera in einem am Donnerstagabend ausgestrahlten Interview.

Durfte Brief an Familie schreiben
Die Taliban hätten Lee Ji Young erlaubt, dennoch einen Brief an ihre Familie zu schreiben, den die Freigelassenen mitnahmen. Darin schreibe sie, die Familie solle sich keine Sorgen um sie machen. "Bitte bleibt gesund und fühlt euch wohl", heißt es in dem Brief nach Berichten südkoreanischer Medien.

Lee ist bereits seit Dezember 2006 in Afghanistan. Sie war Leiterin der Gruppe christlicher Entwicklungshelfer, die im Juni dieses Jahres in Afghanistan eintraf. Die Taliban hatten die Südkoreaner am 19. Juli in ihre Gewalt gebracht. Aus der Gruppe der ursprünglich 23 Geiseln wurden zwei Männer erschossen, die beiden kranken Frauen freigelassen. Direktverhandlungen mit einer südkoreanischen Delegation waren nach mehreren Tagen ergebnislos abgebrochen worden.

In guter Verfassung
Die Südkoreaner werden von den Geiselnehmern offenbar ständig an andere Orte verlegt. Den Entführten gehe es aber trotzdem relativ gut, sagte am Freitag der Arzt Mohammad Hashim Wahaaj, der Kontakt zu einem Taliban-Kommandanten unterhält. Er hatte zu Beginn des Monats den Taliban Medikamente übergeben. Er habe die Geiseln nicht selbst untersuchen können, aber alle Fragen telefonisch mit den Entführern besprochen, sagte Wahaaj. Er telefoniere regelmäßig mit Mullah Mansour, dem Taliban-Kommandanten in der Region. Die Geiseln seien inzwischen in mehrere Gruppen aufgeteilt worden und würden alle sechs bis acht Stunden an einen anderen Ort gebracht, um die Fahndung der afghanischen Sicherheitskräfte zu erschweren.

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Polnische Soldaten haben nach Angaben von Polens Verteidigungsminister Aleksander Szczyglo in Afghanistan einen hohen Vertreter der radikalislamischen Taliban festgenommen. Die Festnahme sei bereits am 16. August erfolgt, sagte der Minister am Donnerstag.

An vierter Stelle der meistgesuchten Terroristen Afghanistans
Bei dem Verdächtigen handle es sich um einen Kämpfer mit dem Pseudonym "Puma". Dieser habe an vierter Stelle auf einer Liste mit den meistgesuchten Terroristen in Afghanistan gestanden, betonte Szczyglo. Die Festnahme gelang nach Angaben des Minister bei der Verfolgung von Angreifern auf polnische Soldaten der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF).

Tausch "Puma" gegen 19 Südkoreaner angestrebt
Die Taliban fordern nach Angaben des Verteidigungsministers den Austausch von "Puma" gegen die 19 von ihnen entführten Südkoreaner. Dies belege, dass "Puma" für die radikalislamischen Kämpfer "sehr wichtig" sei, betonte Szczyglo. Die Taliban hatten die Südkoreaner am 19. Juli in ihre Gewalt gebracht. Aus der Gruppe der ursprünglich 23 Geiseln wurden zwei Männer erschossen, zwei kranke Frauen wurden freigelassen. Direktverhandlungen mit einer südkoreanischen Delegation waren nach mehreren Tagen ergebnislos abgebrochen worden. Polen stellt knapp 1200 Soldaten der insgesamt rund 36.000 Soldaten umfassenden ISAF-Truppe.

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Die Familie des in Afghanistan verschleppten deutschen Bauingenieurs Rudolf B. hat schwere Vorwürfe gegen die eigene Regierung erhoben. "Obwohl wir von Anfang an wussten, dass die Entführer auch eine Lösegeld-Forderung gestellt haben, wissen wir nicht, ob die Regierung eine Zahlung in Betracht zieht. Vermutlich will man in Berlin Härte zeigen und weiteren Entführungen in Afghanistan vorbeugen", sagte der Sohn des 62-Jährigen in einem Interview des Senders Antenne Bayern. Er befürchte, die deutsche Regierung könnte an seinem Vater ein Exempel statuieren.

Größte Sorge
Nach der Veröffentlichung des neuen Videos von Rudolf B. lebe die Familie in größter Sorge. Der 62-Jährige, der sich seit dem 18. Juli in der Gewalt der Entführer befindet, hatte darin eindringlich um HIlfe gebeten. "Ich bin in einer sehr schlechten Verfassung", sagt er.

Auch die geschiedene Frau des entführten Bauingenieurs äußerte sich kritisch. "Seit fünf Wochen ist der Vater meiner Söhne bereits verschleppt und es ist kein Ende abzusehen", sagte die Frau aus Ottobrunn bei München dem Sender. Die Angehörigen hätten Schreiben an Außenminister Frank-Walter Steinmeier, an Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel versandt. "Auch mit dem Leiter des Krisenstabes habe ich bereits telefoniert. Bisher haben wir nur eine Rückantwort von Herrn Steinmeier erhalten, in dem er lediglich sein Bedauern ausdrückt. Unsere Bitte um ein persönliches Gespräch wurde ignoriert." Die Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt in Berlin sei schlecht.

Stoiber soll helfen
Die Familie wende sich über Antenne Bayern nun direkt an den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. "Wir bitten Sie, alles Menschenmögliche zu tun, um einen Mitbürger, der in Not geraten ist, aus der Geiselhaft zu befreien. Wir sind der Situation als Familie hilflos ausgeliefert, bitte helfen Sie uns, bitte helfen Sie unserem Vater."

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