Der UNO-Gesandte Ahtisaari hat in Wien Vertretern der Kontaktgruppe seine Vorschläge zum künftigen Status des Kosovo vorgestellt.
UNO-Chefvermittler Martti Ahtisaari hat Freitag in Wien den Vertretern der Kosovo-Kontaktgruppe seine Vorschläge zum künftigen Status der südserbischen Provinz präsentiert. Ahtisaaris Stellvertreter Albert Rohan sprach nach der zweistündigen Zusammenkunft in der Wiener Hofburg von einem "sehr guten und positiven Treffen". Dagegen meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Diplomaten, dass Russland dem Plan "sehr skeptisch" gegenüber stehe. Die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien hätten die Vorschläge Ahtisaaris dagegen unterstützt.
"Regelmäßiges Treffen"
Ahtisaari sprach von
einem "regelmäßigen Treffen". Zum Inhalt seiner Vorschläge wollte er sich
nicht äußern. Der Sprecher von Ahtisaaris Büro (UNOSEK), Remi Dourlot,
sagte, der nächste Schritt werde die Übergabe des Dokuments an die beiden
beteiligen Parteien in Belgrad und Pristina am 2. Februar sein. Danach seien
weitere Verhandlungsrunden möglich. Es sei "realistisch zu erwarten", dass
das Dokument Ende März dem UNO-Sicherheitsrat vorgelegt werde. Einige Wochen
später - nach den Übersetzungsarbeiten - könnten dann die Beratungen
stattfinden. Die UNOSEK plane jedoch keine Verzögerungen wegen der
Regierungsbildung in Serbien.
Russland: "Schwieriges Treffen"
Ein ungenannter
Diplomat sagte Reuters, Russland habe eine Verschiebung der UNO-Entscheidung
bis zur Regierungsbildung in Serbien gefordert. "Es war ein schwieriges
Treffen." In der russischen Botschaft in Wien wollte man dies nicht
bestätigen. Man verwies auf eine Presseerklärung, die am morgigen Samstag
veröffentlicht werden sollte. Auch Rohan wollte keinen Kommentar zu der
Meldung abgeben. Er und Ahtisaari hätten die Sitzung der Kontaktgruppe nach
Übergabe des Dokuments verlassen. Die Abteilungsleiter für Südosteuropa der
sechs Außenministerien hätten ihre Beratungen dann fortgesetzt.
Bedingte Unabhängigkeit
Gerüchten zufolge soll der finnische
Ex-Präsident eine Art "überwachte" oder "bedingte" Unabhängigkeit für die
seit 1999 von der UNO (UNMIK) verwaltete südserbische Provinz vorschlagen.
Dies lehnt Belgrad vehement ab, während Pristina für eine volle
Unabhängigkeit der mehrheitlich von Albanern bewohnten Provinz kämpft. Der
österreichische UNO-Botschafter und Balkan-Experte Wolfgang Petritsch sagte
der APA, Ahtisaaris Vorschlag "wird wohl einen Prozess in Bewegung setzen,
der letzten Endes über einen längeren Zeitraum zur Souveränität und
Unabhängigkeit des Kosovo führen wird".
Tagung in Brüssel
Auch die NATO-Außenminister berieten am
Freitag in Brüssel über den Kosovo. Der französische Außenminister Philippe
Douste-Blazy lobte Ahtisaaris Plan, weil er "vom gesunden Hausverstand
ausgeht". Er forderte jedoch, dass die serbische Volksgruppe im Kosovo
"umfassend geschützt" werden müsse. Italiens Chefdiplomat Massimo D'Alema
sprach sich für eine Verhandlungslösung zwischen Belgrad und Pristina aus.
Man dürfe nämlich die Risiken einer Destabilisierung des Balkan "nicht
unterschätzen". Ein NATO-Sprecher sagte, die Allianz werde ihren
Verpflichtungen im Kosovo weiter nachkommen.
An dem Treffen nahm auch Außenministerin Ursula Plassnik (V) teil. Sie betonte die Bedeutung einer engen transatlantischen Partnerschaft bei der Lösung des Kosovo-Problems. Ahtisaari müsse unterstützt werden, "eine Lösung zu finden, die nicht nur die Wünsche der Mehrheitsbevölkerung des Kosovo, sondern auch die Rechte und Erwartungen der anderen Volksgruppen gebührend berücksichtigt", sagte sie.
Keine Kommentare aus Belgrad
Aus Belgrad gab es zunächst keinen
Kommentar zum Treffen Ahtisaaris mit der Kontaktgruppe. Belgrader Medien
spekulierten jedoch über den Inhalt von Ahtisaaris Vorschlag. Die
Tageszeitung "Vecernje novosti" berichtete, dass der Plan eine Überraschung
für die Kosovo-Albaner sein werde, weil er besondere Schutzrechte für die
serbische Volksrechte enthalte. So werden Gesetze, die die serbische
Volksgruppe betreffen, künftig im Kosovo-Parlament auch die Unterstützung
der serbischen Abgeordnetenmehrheit erhalten müssen.
Auch werde den mehrheitlich serbischen Gemeinden erlaubt, enge Verbindungen mit Belgrad zu unterhalten. Kosovo-Ministerpräsident Agim Ceku bestätigte, die Serben würden künftig "ihre Verwaltung und Bildung kontrollieren und sogar einen Einfluss auf die Politik haben können". An einer Unabhängigkeit der Provinz gebe es aber "keinen Zweifel", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.