Die Anschläge von Bombay sind nach Einschätzung von Experten von weitaus mehr Attentätern ausgeführt worden als bisher angenommen.
"Die indischen Behörden sprechen von zehn Tätern - basierend auf der Tatsache, dass sie einen festgenommen und neun getötet haben", sagte Anti-Terror-Berater David Kilcullen am Donnerstag auf einer Konferenz in Washington. "Man muss davon ausgehen, dass einige entwischen konnten."
"Mehr als 20 Terroristen beteiligt"
Zu Beginn der
dreitägigen Anschlags- und Geiselnahmeserie in der indischen Metropole hatte
die Polizei von etwa 25 Attentätern gesprochen. Später war nur noch die Rede
von zehn bewaffneten Angreifern. Mehr als 170 Menschen wurden bei dem
beispiellosen Sturmlauf der Extremisten getötet. Indien und die USA vermuten
die pakistanische Untergrundgruppe Lashkar-e-Taiba (LeT) hinter den
Anschlägen.
Neben Kilcullen, der unter anderem US-Außenministerin Condoleezza Rice in Anti-Terror-Fragen beraten hat, äußerte auch die Analystin und frühere CIA-Agentin Farhana Ali die Vermutung, dass einige der Attentäter im Chaos der Gewaltwelle entkommen konnten. "Ich denke, es waren mehr. Meine Quellen gehen von mindestens 23 Bewaffneten aus", sagte die Expertin, die kurz vor den Anschlägen Indien und Pakistan besucht hatte. Ihre Informanten befänden sich in Pakistan, fügte sie hinzu, ohne jedoch weitere Angaben zu machen.
Regierung gesteht Fehler ein
Der neue indische Innenminister
Palaniappan Chidambaram hat unterdessen Fehler der Regierung eingestanden.
Er werde alles in seiner Macht stehende tun, um die Ursachen dieser Fehler
auszumerzen und die Effektivität der Sicherheitssysteme des Landes zu
steigern, sagte der seit wenigen Tagen amtierende Chidambaram am Freitag.
Sein Vorgänger war nach den Anschlägen in der vergangenen Woche
zurückgetreten. Die Regierung steht seit dem Terrorangriff in der Kritik.
"Sicherheitskräfte und Geheimdienste haben versagt"
Diese
Fehler müssten aufgearbeitet und abgestellt werden. "Was in Bombay geschehen
ist, muss unsere Einstellung zum Terrorismus grundlegend verändern", sagte
Chidambaram. Zwar sei auch in der Vergangenheit jeder Anschlag ernsthaft
untersucht worden. Oftmals seien die Behörden jedoch zu schnell wieder zur
"gewohnten Routine" übergegangen.
Unterdessen wurde bekannt, dass die hinter dem Angriff auf Bombay vermutete pakistanische Terrororganisation Lashkar bereits seit 2007 einen indischen Emissär in Bombay hatte, der mögliche Ziele untersuchte. Damit ist auch Neu-Delhis Darstellung eines rein pakistanischen Anschlags infragegestellt. Faheem Ansari war im Februar in Nordindien festgenommen worden und hatte Skizzen von Hotels, dem Hauptbahnhof und anderen bedeutenden Orten in Bombay bei sich. Offenbar dienten sie der Vorbereitung des Angriffs, eine Verbindung wurde damals jedoch nicht erkannt.