Über das Schicksal von vier Mitarbeitern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Afghanistan hat am Donnerstagabend weiter Unklarheit geherrscht.
Das IKRK wollte auch einen Tag nach deren Verschwinden nicht von einer Entführung sprechen. Afghanische Behördensprecher sagten dagegen, die vier seien verschleppt worden, es gebe auch Kontakt zu den Entführern, allerdings sei nicht klar, wer hinter der Tat stecke. Die radikalislamischen Taliban versicherten, sie hätten mit dem Verschwinden der IKRK-Mitarbeiter nichts zu tun.
Mitarbeiter festgehalten
IKRK-Sprecher bestanden darauf, die vier
Mitarbeiter würden lediglich vorübergehend festgehalten und dürften in Kürze
freikommen. "Sie werden von einer unbekannten Gruppe festgehalten", sagte
ein IKRK-Sprecher, betonte aber, es gebe keinerlei Forderungen nach
Lösegeld. Die Organisation bestätigte, dass die vier in Wardak unterwegs
waren, um bei der geplanten Freilassung eines entführten deutschen
Bauingenieurs behilflich zu sein. Sie seien auf dem Rückweg nach Kabul
gewesen und rund 50 Kilometer im Süden der Haupstadt festgehalten worden.
Das IKRK betonte dabei mehrfach, es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass das
Verschwinden seiner Mitarbeiter etwas mit der Entführung des Deutschen
Rudolf B. zu tun habe.
Taliban nicht verantwortlich
Ein Behördenvertreter des Bezirks
Saed Abad, wo die vier vermisst wurden, sprach dagegen von einer Entführung
durch "bewaffnete Diebe". Der Bezirksgouverneur Anayatullah Mangal
versicherte, die Entführer seien "von der Polizei, der afghanischen Armee
und den internationalen Kräften eingekreist" worden, die Befreiung sei nur
noch eine Frage von Stunden. Taliban-Sprecher Sabihullah Mujahi sagte AFP
telefonisch, seine Gruppe sei nicht für das Verschwinden der vier
IKRK-Mitarbeiter verantwortlich. Es gebe "kriminelle Gruppen, die Menschen
für Lösegeld entführen", fügte er hinzu.
Deutsche Geisel noch nicht frei
Der Deutsche Rudolf B. war am 18.
Juli in Afghanistan entführt worden. "Die Bundesregierung und die deutsche
Botschaft bemühen sich weiterhin mit aller Kraft um die Freilassung der
deutschen Geisel", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger,
am Donnerstag.
Berichte, wonach der 62-Jährige schon frei war, dann aber wieder verschleppt wurde, kommentierte er nicht. In einer in Berlin veröffentlichten Erklärung betonte das Deutsche Rote Kreuz, seine Mitarbeiter betätigten sich in Konfliktsituationen nur als neutrale Vermittler, nähmen aber nie an konkreten Verhandlungen teil. Stattdessen böten sie Hilfe bei humanitären Fragen wie Transporten oder der Bereitstellung neutraler Verhandlungsorte.
Bei Kämpfen im Süden Afghanistans wurden nach Angaben der NATO-geführten Schutztruppe ISAF vom Donnerstag zwei dänische NATO-Soldaten getötet. Die Zahl der seit Jahresbeginn getöteten Soldaten der ISAF und der US-geführten Koslitionstruppen stieg damit auf 175.