Arbeiter, Studenten und Pensionisten gehen in Slowenien gemeinsam gegen soziale Unterschiede auf die Straße
Bei der bisher größten Arbeiterdemonstration in Slowenien haben am Samstag Zehntausende Menschen im Stadtzentrum von Laibach (Ljubljana) höhere Löhne verlangt und gegen die immer größeren sozialen Unterschiede protestiert. "Wenn wir schon europäische Preise, eine europäische Entlohnung von Managern, europäische Gewinne und Arbeitsintensität haben, dann müssen wir auch europäische Löhne bekommen," forderte der Chef des größten Gewerkschaftsverbandes ZSSS, Dusan Semolic, vor der versammelten Menschenmenge aus Arbeitern, Pensionisten und Studenten.
Streikdrohung der Arbeiter
Die Massendemonstration mit nach
Gewerkschaftsangaben 70.000 Teilnehmern sei die letzte Warnung an die
Arbeitgeber, betonten die Leiter aller sechs slowenischen
Gewerkschaftsverbände, die zum ersten Mal zusammen auf die Straße gingen.
Sie wollen damit die stillgelegte Herbstlohnrunde wieder anregen. "Wenn wir
keine Lohnsteigerung erreichen werden, werden wir mit Streiks das ganze Land
lahmlegen. Dies ist erst der Anfang," warnte Dusan Rebolj, Leiter der
Pergam-Gewerkschaft. Die Gewerkschaften drohen für Jänner mit einem
Generalstreik und auch einzelnen Arbeitsniederlegungen, wenn es bei der
Lohnrunde zu keinem Fortschritt kommt.
Forderung: 3,5 Prozent mehr Lohn
Der Zwist besteht vor allem bei
der geforderten Erhöhung der Löhne um 3,5 Prozent für jene 40.000
Beschäftigten, deren Gehälter nicht durch Branchentarifverträge gedeckt
sind. Dies ist um einen Prozentpunkt mehr als bereits vereinbart wurde.
Umstritten ist auch die Forderung, dass bei der Lohnsteigerung der
Produktivitätsfortschritt in den einzelnen Branchen berücksichtigt wird und
dass angesichts der steigenden Inflation die Löhne im kommenden Februar und
nicht erst im August mit der Teuerungsrate ausgeglichen werden. Für die
Arbeitgeber kommt eine neue Lohnerhöhung heuer nicht mehr infrage, denn sie
würde das Bestehen von Unternehmen, die Arbeitsplätze und die
Wettbewerbsfähigkeit gefährden, hieß es.
Am Laibacher Kongressplatz, wo der Umzug der Demonstranten endete und die Vorsitzenden aller Gewerkschaftsverbände das Wort ergriffen, waren auch der neu gewählte Staatspräsident Danilo Türk sowie Arbeits- und Sozialministerin Marjeta Cotman und der Chef der mitregierenden Pensionistenpartei DeSUS, Verteidigungsminister Karl Erjavec, anwesend. Wie Ministerin Cotman vor Journalisten erklärte, unterstütze sie die Forderungen nach höheren Löhnen in denjenigen Branchen, wo die wirtschaftliche Lage gut sei.
Unterstützung aus Kärnten
Unterstützung kam auch dem
Ausland. Aus Kärnten sei ein Bus mit Gewerkschaftsmitgliedern der Kärntner
ÖGB-Landesorganisation nach Laibach gekommen, erklärte ein
Gewerkschaftssprecher gegenüber der APA. Mit dabei waren auch ein Vertreter
des Europäischen Gewerkschaftsbunds (EGB), Roberto Treu, sowie
Gewerkschafter aus Italien, Kroatien, Bosnien, Serbien und Mazedonien. Laut
der Polizei, die die Anzahl der Demonstranten auf lediglich 15.000 bis
17.000 schätzt, verlief die Versammlung ruhig.