Die Gesamtzahlen der Flüchtlinge sind weit geringer als noch vor dem Türkei-Deal – aber sie steigen.
Lesbos. Es sind Bilder und Schicksale, die ans Jahr 2015 erinnern, als Europa von der großen Flüchtlingswelle überrumpelt wurde, auf die kein Land vorbereitet war.
In hoffnungslos überfüllten Schlauchbooten erreichen Flüchtlinge aus Syrien, viele aber auch aus Afrika, die Küste der griechischen Insel Lesbos. Einige von ihnen können von der türkischen Küstenwache gestoppt und aufs türkische Festland gebracht werden, doch die meisten kommen durch in die EU. Bis zu 500 sind es in einer Nacht.
Schleusen. Die Menschen kommen aus der Türkei, wo die Zustände für sie zunehmend unhaltbar geworden sind. Bis jetzt hat sich Präsident Recep Tayyip Erdogan an das Flüchtlingsabkommen mit der EU gehalten, das ihm Milliarden einbringt. Nun hat er gedroht, die „Schleusen zu öffnen“.
Die Asylsuchenden werden für ihn nämlich auch zunehmend zu einem innenpolitischen Problem. Die Bevölkerung murrt. 500.000 Syrer leben zurzeit offiziell in Istanbul, dazu kommen viele Flüchtlinge aus Afghanistan oder syrischen Ländern.
Kriegsgebiet. Die türkischen Behörden haben damit begonnen, illegale Flüchtlinge ins Kriegsgebiet im nördlichen Syrien zurückzuschieben. Um dem zu entgehen und auch weil ihnen in der Türkei zunehmend mit Hass begegnet wird, sind viele Richtung Europa aufgebrochen.
Balkanroute. Da auch die Zustände in den Lagern der Insel Lesbos unerträglich sind, werden sie sich wieder auf den Weg über die Balkanroute machen.
Doch noch ist die Zahl der neuen Asylsuchenden nicht hoch. Laut Bild um dreißig Mal geringer als vor dem Türkei-EU-Deal. Und Erdogan wird die „Schleusen“ nicht öffnen. Er braucht das europäische Geld.
1.000 Flüchtlinge pro Woche nach oder durch Österreich
- Nach Europa: UNO-Zahlen zeigen: 63.417 Flüchtlinge kamen heuer bis zum 18. September über das Mittelmeer nach Europa – 20 % weniger als im Vorjahr.
- Italien wird vermieden: 2018 kamen noch 20.859 Menschen per Boot nach Italien, heuer sind es noch 6.570.
- Hotspot Griechenland: Verstärkt wird jetzt Griechenland als EU-Ziel von Migranten angestrebt (siehe links). Im Vorjahr waren es noch 22.261 Menschen, heuer im selben Zeitraum 32.767. Das bedeutet ein Plus von 47 %.
- Destination Österreich: Pro Woche greifen unsere Behörden im Schnitt 355 Flüchtlinge auf (insgesamt 12.061 bis Ende August). Ein Bericht aus Deutschland zeigt, dass etwa 700 pro Woche an der deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffen werden. Insgesamt reisen also wöchentlich etwa 1.000 Flüchtlinge nach oder durch Österreich.