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Ausländische Staatsfonds retten Wall-Street-Banken

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Nur kurz nach der chinesischen Finanzspritze für Morgan Stanley, hilft nun Singapur Merrill Lynch mit Milliarden-Beteiligung über die Subprime-Verluste hinweg.

Amerikanische Banken besorgen sich wegen der Kreditkrise Milliardensummen bei nah- und fernöstlichen Staatsfonds. Knapp vor dem Heiligen Abend teilte das weltweit führende Maklerunternehmen Merrill Lynch & Co mit, die Anlagegesellschaft Temasek Holdings PTE Ltd aus Singapur übernähme 4,4 Mrd. Dollar an Merrills Aktienkapital und erhalte eine Option für den Kauf weiterer Aktien im Volumen von 600 Milionen Dollar bis Ende nächsten Jahres. Der Sonderpreis von 48 Dollar je Aktie, den Singapur für seine Merrill-Aktien bezahlt, liegt um mehr als 13 Prozent unter dem Schlusskurs vom vergangenen Freitag.

Merrill Lynch ging bei ausländischen Investoren auf "Betteltour"
Mit der Finanzspritze will Merrill einen Teil der im Zusammenhang mit der Subprime-Krise entstandenen Verluste auffangen. Merrill ist nicht das einzige amerikanische Finanzunternehmen, das mit dem Hut in der Hand bei neureichen ausländischen Investoren anklopft. Kurz zuvor hatte die Wall-Street-Bank Morgan Stanley wegen Milliardenverlusten knapp zehn Prozent ihres Aktienkapitals für fünf Mrd. Dollar an einen chinesischen Staatsfonds abgegeben. Und die krisengeschüttelte Citigroup, das weltweit größte Bankunternehmen, verkaufte einen Teil seiner Aktien an das Scheichtum Abu Dhabi für 7,5 Mrd. Dollar.

Die Kreditkrise, in die viele Banken mit ausgelagerten Zweckgesellschaften hineingeschlittert sind, hat Merrill Lynch besonders stark betroffen. Das Unternehmen musste bereits unter seinem im November geschassten Chef Stanley O'Neal für das dritte Quartal Wertberichtigungen in Höhe von fast acht Mrd. Dollar vornehmen. Sein Nachfolger John Thain, bis vor kurzem Chef der New York Stock Exchange, wird Berichten zufolge zusätzliche 7,5 Mrd. Dollar abschreiben.

Singapur füllt 30 Prozent der Finanzlücke
Wenn das zutrifft, würde die Finanzspritze aus Singapur nur etwa 30 Prozent der Finanzierungslücke füllen. Der amerikanische Geldmanager Davis Selected Advisors wird 1,2 Mrd. Dollar in Merrill investieren, hieß es weiter. Merrill wird zudem seine 15 Mrd. Dollar schwere Sparte für die Finanzierung von Mittelstandsunternehmen an den Mischkonzern General Electric Co verkaufen. Der Kaufpreis wurde nicht genannt; durch das Geschäft könne Merrill aber nach eigenen Angaben 1,3 Mrd. Dollar in anderen Teilen der Bank einsetzen.

Merrills Ergebnisse für das vierte Quartal und das Jahr 2007 werden im Jänner bekanntgegeben. Der Analyst David Trone bei der Firma Fox-Pitt Kelton Cochran schätzt Merrills Verluste durch Investitionen, Ausleihungen und Hedge-Fonds auf bis zu 18 Milliarden Dollar, berichtet das Börsenblatt "The Wall Street Journal" in seiner Online-Ausgabe vom 25. Dezember.

Kann Merrill die Finanzlücke schließen?
Da Merrills Finanzproblem mit der Kapitalspritze aus Singapur nicht gelöst ist, dürfte Konzernlenker Thain andere Kapitalbeschaffungsmaßnahmen ins Auge fassen. Die Aussetzung der Dividende wäre eine Lösung. Die Schweizer Großbank UBS AG ist bisher das einzige wegen hoher Verluste durch die Subprime-Krise in Schwierigkeiten geratene Finanzinstitut, das zugleich einen ausländischen Staatsfonds in die Bank holen will und die Dividende ausgesetzt hat. UBS könnte sich hierdurch 15,7 Mrd. Dollar beschaffen - mehr als genug, um die durch Abschreibungen entstandene 14-Mrd.-Dollar-Lücke zu schließen.

Banken sind in den seltensten Fällen bereit, die Dividende anzutasten, weil sie keinen Aktionärsaufstand riskieren wollen. Doch auch die Alternative - die Veräußerung von Unternehmensteilen zu Schleuderpreisen - ist bei den Anlegern unpopulär. Eine andere Möglichkeit wäre, die Ausleihungen drastisch einzuschränken. Hierdurch könnte eine Bank jedoch Marktanteile an besser finanzierte Wettbewerber verlieren. Außerdem würde eine solche Maßnahme die Bemühungen der Notenbank zur Umgehung einer Rezession unterlaufen.

Spekulationen über Verkauf der Broker-Sparte
Als O'Neal noch Chef des Hauses war, gab es Spekulationen über den möglichen Verkauf der Broker-Sparte mit ihren 16.000 Maklern und Finanzberatern. Doch angeblich zählt Thain das Straßengeschäft zu Merrills Kerngeschäftsfeldern, auf das er nicht verzichten will. Merrill Lynch hält auch 30 Prozent der Anteile des vom New Yorker Oberbürgermeister Michael Bloomberg gegründeten Medienunternehmens Bloomberg LP. Der Verkauf dieser Beteiligung könnte zwei bis drei Mrd. Dollar einbringen.

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