Der Rohölpreis ist im Sinkflug, doch an den heimischen Tankstellen ist davon nichts zu spüren. Treibstoffe sind sogar noch teurer geworden.
Eigentlich ist es eine einfache Rechnung: Seit Juli kostete Rohöl an den internationalen Börsen fast täglich weniger, am Mittwoch erreichte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseemarke Brent mit durchschnittlich 88,03 Dollar gar ein Siebenmonatstief – um 39 Prozent weniger als noch im Juli. Eigentlich müssten damit auch die Kosten für Diesel, Eurosuper und Benzin an den heimischen Tankstellen spürbar sinken. Doch an den Zapfsäulen präsentiert sich derzeit ein ganz anderes Bild: Trotz der Jubelmeldungen von den Börsen um die sinkenden Rohöl-Preise wurde Diesel gestern um 1,5 Cent pro Liter, Super gar um 1,8 Cent pro Liter teurer. Durchschnittlich kostete ein Liter Super so gestern 1,271 Euro, ein Liter Diesel 1,270 Euro.
Spekulationsblase geplatzt
Relativ einig sind sich die Experten
darüber, warum zumindest der Rohölpreis derzeit so stark sinkt.
„Spekulationen haben den Ölpreis in den vergangenen Monaten in die Höhe
getrieben und eine künstliche Knappheit erzeugt. Das ist jetzt vorbei“,
erklärt Alfred Moser, Energieexperte der Energy Holding. Lydia Ninz vom Arbö
ergänzt: „Die Spekulationsblase ist geplatzt.“
Mineralölfirmen cashen ab
Unterschiedliche Meinungen gibt
es aber darüber, warum die Preissenkungen derzeit nicht an die Autofahrer
weitergegeben werden. „In Österreich gibt es keine Preisbindung der
Mineralölfirmen, alleine sie sind für die derzeitige Situation
verantwortlich“, meint ÖAMTC-Expertin Elisabeth Brandau. Preisrückgänge
würden so mit Verzögerung an die Autofahrer weitergegeben, um so noch einige
Tage zusätzlich abzucashen, kritisieren die Autofahrerclubs.
Kein unfairer Wettbewerb
Die Mineralölunternehmen ihrerseits
weisen die Vorwürfe weit von sich: „Allein Angebot und Nachfrage bestimmen
den Preis“, meint Christoph Capek, Geschäftsführer des Verbandes der
Mineralölindustrie im Gespräch mit ÖSTERREICH.
Acht Cent pro Liter fehlen
Fest steht: Für die österreichischen
Autofahrer sind die Spritkosten, wenn überhaupt, nur minimal zurückgegangen.
So rechnet der Arbö vor, dass allein von vergangenem Freitag bis gestern die
Preise für ein Fass Eurosuper am Rotterdamer Spotmarkt um 16,2 Prozent, für
Diesel um 7,3 Prozent günstiger geworden sind. An den Zapfsäulen blieben die
Kosten für Super aber gleich, beim Diesel gab es nur einen Rückgang von
einem Prozent. Und auch der ÖAMTC ist überzeugt: „Die derzeitige Situation
ist unfair und intransparent. Treibstoff müsste eigentlich um bis zu acht
Cent günstiger sein“, so Brandau.