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EZB-Chef rechnet nur mit "Wachstumsdelle"

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Laut EZB-Chef Trichet wird sich die Konjunktur in der EURO-Zone bis Jahresende erholen. Zuletzt war das Handelsdefizit in dieser sehr hoch.

EZB-Chef Jean-Claude Trichet rechnet zum Ende des Jahres mit einer langsamen Erholung der Konjunktur im Euroraum. "Unser zugrundeliegendes Szenario ist, dass wir im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres eine Talsohle beim Wachstum in der Eurozone haben werden und danach schrittweise zu einem moderaten Wachstum zurückkehren", sagte Trichet am Freitag. Zu den Wachstumsrisiken zählte Trichet die "äußerst signifikante Finanzmarkt-Korrektur" und einen möglicherweise weiteren Preisanstieg bei Öl und anderen Rohstoffen.

Ernste Anzeichen
Ausgehend von der zuletzt auf Rekordwerte seit Einführung des Euro gestiegenen Teuerung sieht Trichet auch Anzeichen für inflationsverstärkende Zweitrundeneffekte. Diese seien zwar noch kein allerorten zu beobachtendes Phänomen. "Aber wir sehen Anzeichen, die wir ernst nehmen müssen." Der jüngste Anstieg der Lohnstückkosten sei ein Indiz, das berücksichtigt werden müsse. Die Botschaft der Notenbank sei es, dass sie Zweitrundeneffekte mit Härte entgegentreten werde. Er verspreche Haushalten und Unternehmen, dass die Jahresinflation auf mittlere Sicht "unter, aber nahe zwei Prozent" bleiben werde. Die tatsächliche Teuerung lag zuletzt mit vier Prozent im Durchschnitt aller Länder der Währungsunion doppelt so hoch wie diese Zielmarke der EZB.

Ähnlichkeiten zurn 70ern
ie durch die Finanzkrise gekennzeichnete Wirtschaftslage seit einem Jahr beschrieb Trichet als Periode einer andauernden Marktkorrektur mit Phasen von Turbulenzen, hoher Volatilität und hektischem Marktverhalten. "Dieser Prozess dauert an." Er sei überzeugt, dass es wichtige Ähnlichkeiten der aktuellen Lage zum Ölpreisschock der 70er Jahre gebe. "So wie 1973/74 gibt es heute einen großen Einkommenstransfer von den Ölverbrauchern hin zu den Ölproduzenten. Zu versuchen, dies zu leugnen, wäre ein kapitaler Fehler."

Inflationserwartungen in Zaum halten
Die EZB hatte Anfang Juli den Leitzins für die Euro-Zone trotz heftiger Kritik seitens Politik und Gewerkschaften auf 4,25 Prozent erhöht. Die Währungshüter hatten diesen Schritt mit der Gefahr von Zweitrundeneffekten begründet, die - wenn nicht im Keim erstickt - zu einer Lohn-Preis-Spirale mit weiter steigender Teuerung führen könnten. Außerdem müssten die Inflationserwartungen von Unternehmen und Haushalten in Zaum gehalten werden, damit kein Inflationsklima entstehe.

Großes Defizit bei Handelsbilanz
Vor allem wegen des hohen Ölpreises haben die Importe in der Euro-Zone im Mai doppelt so stark zugelegt wie die Exporte und zu einem überraschend großen Handelsdefizit geführt. Insgesamt übertrafen die Importe die Exporte um 4,6 Mrd. Euro, wie die Statistikbehörde Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Im April fiel noch ein Handelsbilanzüberschuss von 2,5 Mrd. Euro an, im Mai 2007 waren es 1,4 Mrd. Euro Überschuss. Befragte Volkswirte hatten mit einem Defizit von einer Milliarde Euro gerechnet.

Die Importe legten im Mai um neun Prozent zu und damit mehr als doppelt so stark wie die Ausfuhren, die um vier Prozent stiegen. Den größten Anteil davon haben die Energieeinfuhren: Im Zeitraum von Jänner bis April lag der Wert der Energieimporte um 42 Prozent über dem Vorjahreswert. Insbesondere der große Öl- und Gaslieferant Russland profitierte von der Situation. Das Bilanzdefizit der EU im Handel mit dem Land stieg in den ersten vier Monaten des Jahres auf 13,7 von 11,2 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum.

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