Ein Geheim-Protokoll zeigt, dass alle Vorstände vom Totalverlust Anfang 2001 gewusst haben. Sie haben alle das Papier unterzeichnet.
Im BAWAG-Prozess ist am 40. Verhandlungstag auch die letzte Phase der Verluste der Bank durch die Geschäfte des Investmentbankers Wolfgang Flöttl besprochen worden. Dabei ist herausgekommen, dass erst Anfang 2001 alle Vorstände vom Totalverlust erfahren hatten, als schon alles zu spät war.
Ausweitung der Anklage
Laut ORF-Teletext vom Montag wird es noch
enger für die Ex-Vorstände Helmut Elsner, Johann Zwettler und Peter
Nakowitz. Es soll um 2,5 Mio. Euro an Provisionszahlungen gehen, die "zum
Nachteil der Bank" an Firmen im Umfeld des Geschäftsmannes Martin Schlaff
geleistet wurden.
Geheimes Sonderprotokoll
In einem geheimen
Sondervorstandsprotokoll vom 31. Jänner 2001, das vom gesamten
BAWAG-Vorstand unterzeichnet und bei einem Rechtsanwalt hinterlegt worden
war, wurden die Vorgänge beschrieben. Letztlich belief sich der Verlust zu
Jahresende 2000 laut Anklage auf 1,44 Mrd. Euro.
Ebenfalls war dem Vorstand schlagartig klar, dass der britische Fondsmanager Kaveh Alamouti nichts gemanagt hatte. Flöttl hatte schriftlich bestätigt, dass er auftragswidrig alles Geld auf eine Karte gesetzt und verloren hatte.
Der damalige Bank-Chef Helmut Elsner und Vorstand Johann Zwettler haben dann mit dem Wirtschaftsprüfer Robert Reiter Lösungen besprochen. Allerdings waren erst durch die ÖGB-Garantie alle Vorstände zur Unterzeichnung der BAWAG-Bilanz 2000 bereit.
Staatskommissäre schwiegen
Als Zeuge sagte am Montag
Ex-BAWAG-Aufsichtsratsmitglied und Ex-Siemens-Generaldirektor Albert
Hochleitner aus. Er war für den Ex-Miteigentümer Bayerische Landesbank
(BayernLB) im Aufsichtsrat. Seiner Ansicht nach hätte der gesamte
Aufsichtsrat schon 1998 informiert werden müssen, auch wenn damals die
Verluste angeblich durch Sicherstellungen von Flöttl gedeckt gewesen wären.
Die beiden Staatskommissäre hätten laut Hochleitner die ihnen bekannten Prüfberichte der Nationalbank in den Aufsichtsrat tragen müssen. Sie fungieren quasi als Aufpasser des Staates. Spätestens aber bei den OeNB-Prüfberichten von 2001 und 2004 hätten sie aktiv werden müssen. "Die Staatskommissäre haben von diesen Dingen gewusst und hätten das im Aufsichtsrat berichten müssen", so Hochleitner.
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Prämien aus Info-Mangel gezahlt
"Wenn wir damals schon
alles gewusst hätten, was alles gelaufen ist, wäre sicher nicht alles so
über die Bühne gegangen. Es hätte keine Prämien, keine Gehaltserhöhungen
(für die Vorstände) gegeben", so das
Ex-BAWAG-Aufsichtsratsmitglied.
Aufsichtsrat falsch informiert
Zumindest zu seiner Zeit sei im
Aufsichtsrat vom Vorstand über die Entwicklungen berichtet worden. Die
Berichte seien zu 80 Prozent durch Elsner und Zwettler erfolgt. Demnach habe "alles
gestimmt", so Hochleitner. Die Information war auch, dass die
Karibik-2-Geschäfte intensiv überwacht würden. Berichte der internen
Revision habe der Aufsichtsrat aber nie bekommen.
Gutachter will 54.000 Euro
Der im Lauf des Prozesses abgelehnte
Gutachter Christian Imo hat dem Gericht seine Honorarnote gestellt. Der
Ex-Vorstand der Wiener Börse fordert rund 54.000 Euro Honorar für seine
bisherige Tätigkeit. Die Kosten trägt zunächst der Staat, im Falle von
Schuldsprüchen müssen die Verurteilten die Summe übernehmen.
Die Verteidiger von Flöttl hatten den Ablehnungsantrag wegen des Verdachts auf Befangenheit gestellt. Sie begründeten ihn mit den geschäftlichen Beziehungen des Gutachters zu dem Zeugen und ehemaligen BAWAG-Treasurer Thomas Hackl.
Weitere Highlights der Woche
Am Mittwoch wird der frühere
Konsum-Chef Hermann Gerharter in den BAWAG-Prozess einbezogen. Er hatte von
Elsner ein "Geldgeschenk" bekommen, das dieser als
uneinbringlichen Kredit verbucht haben soll. Am Donnerstag stehen die beiden
früheren Staatskommissäre der BAWAG, Anton Stanzel und Herbert Sutter, im
Zeugenstand.