Die niederländischen Autofahrer sollen nicht den Besitz, sondern die Nutzung des Autos zahlen. In Österreich sind Finanzminister und ÖAMTC dagegen.
Hollands Autofahrer sollen künftig keine Kfz-Steuer mehr zahlen, sondern eine Kilometergebühr von zunächst durchschnittlich drei Cent. Umgehend löste diese als "revolutionär" für den Umweltschutz gepriesene Reform durch die Regierung in Den Haag am Wochenende einen heftigen Streit aus. Eine deutliche Mehrheit der Autofahrer lehne den Plan ab, berichtete am Sonntag die Zeitung "De Telegraaf".
Nutzung wird besteuert
Mit der Umstellung auf das neue System
soll ab 2012 nicht mehr der Besitz, sondern allein die Nutzung von Autos
besteuert werden. Hauptziel ist die Verringerung schädlicher Abgase sowie
der täglichen Staus auf Hollands Straßen. Vor der Einigung auf das neue
System war in der Regierungskoalition aus Christ- und Sozialdemokraten ein
Pkw-Mautsystem, wie es in Deutschland angedacht wird, verworfen worden. Auch
für eine weitere Erhöhung der Mineralölsteuer gab es kaum Befürworter.
ÖAMTC und Finanzminister dagegen
Der heimische
Autofahrerklub ÖAMTC lehnt das niederländische Modell ab. "Wir haben mit der
Mineralölsteuer und dem Roadpricing die bessere Lösung", sagte Mario
Rohracher, Chef der ÖAMTC-Interessensvertretung. "Es gibt derzeit keinen
Anlass, von unserem System abzugehen", hieß es am Sonntag auch aus dem
Finanzministerium.
Satellitengestütztes Ortungssystem
Nach den niederländischen
Plänen Plan sollen Autofahrer für die monatlich zurückgelegte Wegstrecke zur
Kasse gebeten werden, wobei die Gebühr pro Kilometer sich nach Wagenklasse,
Motorisierung und Tageszeit richtet. Berechnet wird die Streckensteuer mit
Hilfe eines satellitengestützten Ortungssystems. Der durchschnittliche
Kilometerpreis soll bis 2018 auf 6,7 Cent steigen. Mit dem finanziellen
Hebel will die Regierung erreichen, dass möglichst viele Autofahrer ihr
Fahrzeug seltener benutzen und aufs Fahrrad sowie auf Busse und Bahnen
umsteigen. Der Gesetzentwurf muss erst noch vom Parlament in Den Haag
beschlossen werden, wo die Regierung eine Mehrheit von 80 zu 70 Mandaten hat.
Niederländer nicht begeistert
In einer Umfrage des
"Telegraaf", an der sich rund 40.000 Leser beteiligten, lehnten 62 Prozent
die Kilometer-Steuer ab. Als Hauptgrund erklärten Gegner der Reform, sie
trauten Versprechungen der Regierungen nicht, wonach die weitaus meisten
Autobesitzer nach dem neuen System keineswegs mehr Steuern bezahlen müssten
als bisher. Nahezu sechs von zehn Fahrern würden sogar weniger Geld an den
Fiskus überweisen müssen als bei der althergebrachten Kfz-Steuer, hatte die
Regierung vorgerechnet.
Angst vor "Spionagekästen"
Zudem misstrauen viele
den Satelliten-Ortungsgeräten, die künftig in alle Autos eingebaut werden
sollen. Politiker der Opposition warfen der Regierung aus Christ- und
Sozialdemokraten vor, mit diesen "Spionagekästen" gegen den Datenschutz zu
verstoßen. Verkehrsminister Camiel Eurlings wies das zurück. Das System
speichere allein die Zahl der gefahrenen Kilometer und keine Fahrtziele.
Debatte in Deutschland
Deutschland solle sich an dem
"fortschrittlichen Modell ein Beispiel nehmen", forderte der Leiter des
Lehrstuhls für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen,
Ferdinand Dudenhöffer. Im Vergleich dazu sei die deutsche Kfz-Steuer "ein
Monster". Sie nehme keine Rücksicht auf die tatsächliche Straßennutzung,
sagte er. "Für ein Fahrzeug, das im Jahr 100 Kilometer fährt, bezahlt man in
Deutschland den gleichen Steuerbetrag wie für das gleiche Auto, das 100.000
Kilometer fährt".
10% weniger CO2 erhofft
Die niederländische Regierung geht davon
aus, dass die Belastung der Umwelt durch Kohlendioxid in Fahrzeugabgasen mit
Hilfe der Kilometersteuer um zehn Prozent reduziert wird. Insgesamt werde
die Zahl der gefahrenen Straßenkilometer um 15 Prozent abnehmen, da mehr
Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen würden. Zudem werde es
weniger Unfälle und somit pro Jahr etwa sieben Prozent weniger Verkehrstote
geben, erklärte der Verkehrsminister. Bis 2020 könne die Zahl der vor allem
im Berufsverkehr oft zermürbenden Staus auf das Niveau von 1992 verringert
werden.