Im AMIS-Prozess hat am Montag Richterin Daniela Setz-Hummel mit der Befragung der ersten Zeugen begonnen.
Die erste Zeugin war Monika Klaudusz. Im Sommer 2005 habe sie im Zusammenhang mit den ersten geplanten Auszahlungen mit der Linzer Partnerbank erstmals Diskrepanzen zwischen den Kundeneinzahlungen und dem Depotstand bemerkt, so Klaudusz. Um auf diese Unstimmigkeiten draufzukommen, seien eigene Recherchen notwendig gewesen, da es für sie als Prokuristin und Leiterin des Kundenservice nicht möglich gewesen sei, die Depotstände der Kunden über das Kundenverwaltungsprogramm "Investor" abzurufen.
35 Mio. Euro Fehlsumme
Um einen Vergleich durchführen zu können,
habe sie das Vertriebsinformationssystem (VIS) zu Hilfe nehmen müssen, eine
Plattform für die Vertriebspartner, um eine grobe Abschätzung machen zu
können. Anfangs sei sie davon ausgegangen, dass von den Kursen her etwas
nicht passe und habe sich vom Fondsmanagement die Kurse geben lassen. "Ich
bin von einem Fehler ausgegangen, der sich rational erklären lässt", so
Klaudusz. Ein erster Vergleich habe eine Fehlsumme von 35 Mio. Euro zwischen
Kundeneinzahlungen und Depotständen ergeben.
Vorstände angesprochen
Auf ihre Anregung hin sei in der
Folge im Kundenverwaltungsprogramm "Investor" eine zusätzliche Funktion
implementiert worden, um eine Abstimmung zwischen den Einzahlungen und den
Depotständen auf den Luxemburger Fonds zu machen. Ab August 2005 sei diese
zusätzliche Reporting-Funktion implementiert gewesen. Daraufhin habe sie
feststellen können, dass diese Lücke 70 Mio. Euro betragen habe. Sie habe
darüber auch mit den damaligen Vorständen Veronique Martineau und dem
jetzigen Angeklagten Thomas Mitter gesprochen. "Wir waren alle komplett
betroffen", so Klaususz.
Keine Zweifel
Auf die Frage von Richterin Daniela Setz-Hummel,
warum dies so lange verheimlicht werden konnte, meinte Klaudusz: "Ich hab'
keine Ahnung, ich hatte zu keinem Zeitpunkt den geringsten Zweifel, dass
irgendetwas nicht stimmt". Sie habe nicht gewusst, dass Kundengelder für
Provisionen abgezweigt worden sind. Auch sie habe - in Summe mit 15.000 Euro
- bei AMIS veranlagt und sei bis heute "drauf sitzengeblieben".
Aufsichts-Prüfung entdeckte nichts
Wenn es mehr Abstimmung
mit dem Fondsmanagement gegeben hätte, wäre sie vielleicht schon früher
hellhörig geworden. "Zu keinem Zeitpunkt hat irgend wer den
Soll-Ist-Vergleich gemacht", so die Zeugin. Sie sei eigentlich davon
ausgegangen, dass das von Seiten der Prüfer und Bankenaufsicht stattfindet.
Wie berichtet wurde AMIS von 1999 bis 2002 drei Mal von der
Bundeswertpapieraufsicht geprüft. "Ich habe nur gehört: das passt, das
passt", so Klaudusz.