Geld

Schwärzestes Börsenjahr seit 1931 geht zu Ende

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2008 wurde weltweit vond er Finanzkrise geprägt. Es kam zu den größten Kursverlusten seit den 1930er Jahren. Und es geht noch tiefer.

2008 wird als das bisher schlechteste Jahr für die internationalen Kapitalmärkte in die Geschichte eingehen. Noch nie seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren hat sich eine vom US-Immobilienmarkt ausgehende Krise aufgrund der globalisierten Finanzmärkte mit einer solchen Rasanz und Intensität weltweit verbreitet. Verluste von Banken und Versicherungen in bisher unvorstellbaren Milliarden-Höhen brachten 2008 sogar größte und renommierteste Institute an den Rand des Ruins, einige gingen Pleite oder wurden vom Staat aufgefangen. Lange Zeit stand sogar der Zusammenbruch des gesamten internationalen Finanzsystems im Raum und mit Island eine ganze Volkswirtschaft vor der Pleite.

Skandale und Betrügereien
Im Windschatten der dramatischen Kurseinbrüche kamen Skandale und Betrügereien in der Finanzdienstleistungsindustrie ans Tageslicht - zuletzt etwa der spektakuläre Betrugsfall des US-Hedge Fondsmanagers Bernard Madoff. Und ein Ende der Kursverluste scheint noch immer nicht in Sicht zu sein. Nach Meinung einiger Experten dürfte der Tiefpunkt erst Ende des ersten Quartals 2009 erreicht sein.

Zentralbanken und Staaten versuchten mit Gegenmaßnahmen wie koordinierten Leitzinssenkungen und milliardenschweren staatlichen Rettungspaketen gegenzusteuern. Verstaatlichungen von Banken und Versicherungen standen bald an der Tagesordnung, genauso wie unlimitierte staatliche Garantien für Spareinlagen und eine Reihe von Finanzgipfeln. Mit teuren Konjunkturprogrammen wird versucht, die Ausweitung der Krise auf andere Branchen und den Arbeitsmarkt abzumildern.

Weltweite Verluste
Der wichtigste japanische Aktienindex verzeichnete im abgelaufenen Börsenjahr 2008 den bisher höchsten Jahresverlust seiner 58-jährigen Geschichte. Der Nikkei der Tokioter Börse verlor 42 Prozent. Die Börsen in New York und Frankfurt erlitten den bisher zweitgrößten Jahresverlust ihrer Geschichte. Der Dow Jones Industrial brach um 36 Prozent (bis Dienstag Nachmittag) ein, der größte Verlust seit 1931, und der DAX der Frankfurter Börse verlor 40 Prozent, der größte Verlust seit 2002. Auch der ATX der Wiener Börse verzeichnete mit minus 61 Prozent den bisher größten Absturz seiner Geschichte. Schlechter erging es nur noch der Börse in Shanghai, die 65 Prozent verlor, und russischen Aktien. Der RTS sackte fast 73 Prozent ab. Russland hat seit Monaten immer wieder den Handel ausgesetzt, um weitere Kurscrashes zu stoppen.

Europäische Aktien des Eurostoxx50 büßten rund 45 Prozent ein, chinesische Aktien rund 49 Prozent. Einer der wenigen Lichtblicke waren exotische Börsen wie in Tunesien mit einem Jahresplus von 10 Prozent oder Chile mit 8 Prozent Gewinn.

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Mit der Meldung von riesigen Quartalsverlusten beginnt im Jänner eine Serie von Rekordverlusten internationaler Banken. Für die britische Hypothenbank Northern Rock wird ein Investor gesucht und die Societe General von einem milliardenschweren Betrugsskandal erschüttert. In Deutschland gibt die Hypo Real Estate Verluste aus dem US-Immobiliengeschäft zu. Die US-Notenbank senkt die Leitzinsen auf 3,5 Prozent. Am Jahresende liegen sie schließlich bei fast 0 Prozent.

US-Immobilienkrise schwappt auf Europa über
Im Februar weitet sich die US-Immobilienkrise auf mehrere deutsche Landesbanken aus. Die Credit Suisse erhält einen neuen Großaktionär, Northern Rock wird verstaatlicht und beim größten US-Versicherer AIG geht es rund. Im März wird die US-Investmentbank Bear Stearns an JP Morgan notverkauft, Notenbanken pumpen Milliarden in den Geldmarkt, erste Stimmen für Staatshilfe für Banken werden laut. Die beiden größten US-Hypothekenfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae müssen mit 200 Mrd. Dollar gestützt werden, im September gehen sie an den Staat.

UBS schreibt 19 Mrd Dollar ab
Im April schreibt die Schweizer UBS rund 19 Mrd. Dollar ab. Der Internationale Währungsfonds (IWF) beziffert den Schaden durch die Finanzkrise auf 1 Billion Dollar. Im Juni beginnt das Zittern um die US-Investmentbank Lehman Brothers, die britische Hypothekenbank Bradford & Bingley wird im September verstaatlicht. Im Juli hebt die Europäische Zentralbank (EZB) als einzige Notenbank noch einmal die Leitzinsen auf 4,25 Prozent. Am Jahresende sind es nur mehr 2,50 Prozent. Der US-Baufinanzier Indymac bricht zusammen. Um weitere starke Kursabstürze zu verhindern, verbieten Börsenaufsichten ungedeckte Leerverkäufe von Aktien.

Lehman Brothers gehen pleite
Im September geht die US-Investmentbank Lehman Brothers pleite, die US-Regierung verweigert eine Rettung. Merrill Lynch wird an die Bank of America notverkauft, die US-Notenbank fängt den Versicherungsriesen AIG auf. Der US-Leitindex erleidet am 15. September den stärksten Tagesverlust seit den Terroranschlägen 2001. Ein 700 Mrd. Dollar schwerer Rettungsplan der US-Regierung für die Finanzbranche wird vom Abgeordnetenhaus zunächst abgelehnt, ein Kurssturz an den Börsen ist die Folge. Nach mehreren Anläufen geht das Paket durch. Die US-Sparkasse Washington Mutual bricht zusammen und wird von JP Morgan übernommen. In Deutschland braucht die Hypo Real Estate staatliche Rettung. Der Oktober ist der Monat der Bankenrettungspakete und Regierungen geben zumeist unbeschränkte Garantien für Spareinlagen ab.

Weltfinanzgipfel
Im November beraten die Regierungschefs von 20 Industrie- und Schwellenländern beim Weltfinanzgipfel die Lage. Die Krise greift auf immer mehr Branchen über, vor allem die Autoindustrie ist stark betroffen. Im Dezember gesteht der US-Investor Bernard Madoff, mit einem betrügerischen Schneeballsystem Kunden um 50 Mrd. Dollar geschädigt zu haben. Kurz vor Weihnachten kommen die trudelnden US-Autobauer wenigstens zum Teil mit ihren Hilferufen beim Staat durch. Zu spät für einige - auch europäische - Zulieferer.

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