Mazedonien kann EU-Aufnahmegespräche aufnehmen

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Mazedonien rückt näher an die Europäische Union. Die EU-Kommission empfahl am 14. Oktober die Aufnahme konkreter EU-Beitrittsgespräche mit dem Balkan-Land. Dies sei "eine Aufforderung", den Namensstreit beizulegen, sagte Erweiterungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel. Kroatien kann nach dem von Rehn vorgestellten Fortschrittsbericht 2010 die Beitrittsverhandlungen abschließen. Scharf kritisiert wird die Türkei wegen mangelhaft umgesetzter Grundrechte und Meinungsfreiheit.

Mazedonien hat zwar seit 2005 offiziellen EU-Kandidatenstatus, aber bisher noch nicht mit der EU über den Beitritt verhandelt. Über die Empfehlung der EU-Kommission entscheiden die 27 EU-Staaten. Größtes Hindernis für Skopje ist der ungelöste Namensstreit mit Griechenland. Athen sieht im Namen "Republik Mazedonien" einen Gebietsanspruch auf seine gleichnamige Provinz. In die UNO wurde das Land unter dem vorläufigen Namen "Frühere Jugoslawische Republika Mazedonien" (FYROM) aufgenommen.

Kroatien "nähert sich der Zielgeraden", müsse aber noch mehr Anstrengungen in den Bereichen Justiz sowie Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität unternehmen, betonte der EU-Kommissar. Auch müsse Zagreb "dringend" dem UNO-Kriegsverbrechertribunal Zugang zu Dokumenten verschaffen. Der Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien habe die EU-Beitrittsverhandlungen verzögert, heißt es in dem Bericht. Die EU-Kommission begrüßt in dieser Hinsicht den jüngsten Fortschritt, bekräftigt aber: "Bilaterale Fragen sollen die Beitrittsverhandlungen nicht aufhalten."Kroatien selbst habe in einigen Bereichen nicht jenen Fortschritt erreicht, den der Fahrplan der EU-Kommission vorgesehen hätte, heißt es weiter. Dies betreffe insbesondere die Eröffnung der Verhandlungskapitel "Justiz und Grundrechte" sowie "Wettbewerb" und den Abschluss der Verhandlungen von Kapiteln wie "Verkehr".

Türkei muss Beziehung zu Zypern verbessern

In Hinblick auf die Türkei kritisierte Rehn vor allem die fehlende Normalisierung des Verhältnisses zu Zypern. Die Türkei müsse insbesondere das Protokoll zur Zollunion (Ankara-Protokoll) "voll und nicht-diskriminierend" umsetzen, forderte er. "Das wäre eine notwendige vertrauensbildende Maßnahme, um zu einer Lösung für Zypern zu kommen." Hier biete sich derzeit "eine echte Chance". Die Trennung der Mittelmeerinsel in einen griechischen und einen türkischen Teil sei "anachronistisch", kritisierte Rehn. Wenn ich auf Nikosia bin, habe ich das Gefühl, am Checkpoint Charlie zu sein."

Weiters kritisierte Rehn "ernste Fälle" von Verletzung der Meinungsfreiheit in der Türkei. So sehe Milliardenstrafe im Steuerstreit um den Medienriesen Dogan Yayin "nach politischer Strafe aus", sagte Rehn. Außerdem sei er "sehr enttäuscht" darüber, dass dem Literatur-Friedensnobelpreisträger Orhan Pamuk erneut der Prozess gemacht werden soll. In dem Bericht heißt es etwa: "Die vollständige Achtung und der Schutz von Sprache, Kultur und Grundrechten im Einklang mit europäischen Standards ist noch nicht voll erfüllt." Anschuldigungen betreffend Folter und Misshandlung and die Straffreiheit der Täter "geben weiter Anlass zur Sorge".

Kritik an Bosnien-Herzegowina

Scharfe Kritik übte Rehn auch an Bosnien-Herzegowina. Die EU könne sich nicht mit einem Beitrittsantrag Bosniens befassen, solange das Land nicht auf eigenen Füßen stehe und das Büro des internationalen Bosnien-Beauftragten - derzeit der Österreicher Valentin Inzko - nicht geschlossen wird, unterstrich der Kommissar. "Kein Quasi-Protektorat kann der EU beitreten." Außerdem müsse Bosnien die Verfassungsreform angehen, damit das Land wieder "ein funktionsfähiger Staat" werde.

Auch im Kosovo "steht die Stabilität noch auf schwachen Füßen", sagte Rehn. Die EU-Kommission trete für einen "strukturierten Prozess" ein mit dem Ziel einer vollständigen Visaliberalisierung für den Kosovo. Voraussetzung dafür seien weitere Reformen. Die Kommission werde auf einer "neutralen Grundlage" arbeiten, versicherte Rehn. Er erinnerte daran, dass der Kosovo nur von 22 EU-Ländern als eigenständiger Staat anerkannt wird. Serbien attestierte Rehn "gute Arbeit" in der Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal. Die EU-Kommission drängt in dem Bericht auf Umsetzung des Interimsabkommens, das von den Niederlanden blockiert wird.

Mazedonier erfreut

Die Empfehlung der EU-Kommission zur Aufnahme der Beitrittsgespräche mit Mazedonien bedeutet nach Worten seines Premiers Nikola Gruevski einen "historischen Tag für das Land und seine Bürger". Der positive Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission sei ein Ergebnis der bisherigen Anstrengungen der Regierung, der Bürger und aller politischen Kräfte in Mazedonien, stellte Ministerpräsident bei einer Pressekonferenz in Skopje fest.

Mazedonien hat seit Ende 2005 den Status eines Beitrittskandidaten. Die Empfehlung zur Aufnahme der Beitrittsgespräche sei auch "eine Aufforderung", den Namensstreit mit Griechenland beizulegen, sagte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Athen sieht im Namen "Republik Mazedonien" einen Gebietsanspruch auf seine gleichnamige Provinz. Wegen des ungelösten Namensstreites hatte Griechenland im April 2008 auch die Aufnahme Mazedoniens in die NATO-Allianz blockiert.

Mazedonien werde aktiv und konstruktiv die UNO-geführten Gespräche über den Namensstreit fortsetzen, um zu einer beiderseitig annehmbaren Lösung zu kommen, versicherte Gruevski.

Zufrieden Türken und Serben

Die türkische Regierung hat den Fortschrittsbericht begrüßt. "Das ist der bis jetzt objektivste Bericht", sagte der türkische Verhandlungsführer und Europaminister Egemen Bagis am Mittwoch in Ankara. Die türkische Regierung sei sich der Probleme bewusst und sei ernsthaft bemüht, diese zu lösen.

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hatte von der Türkei gefordert, bei Reformen mehr aufs Tempo drücken. Obwohl Ende des heurigen Jahres eine Frist für die Öffnung türkischer Häfen für Schiffe aus dem EU-Mitglied Zypern abläuft, schlug Rehn keine Sanktionen vor. So sollen die Gespräche um die Wiedervereinigung Zyperns nicht gestört werden.

Auch Belgrad ist mit dem Fortschrittsbericht "außerordentlich" zufrieden. "Niemand stellt mehr den Willen Serbiens EU-Mitglied zu werden infrage, und wir können mit dem Bericht außerordentlich zufrieden sein", sagte der serbische Außenminister Vuk Jeremic in Belgrad.

Serbien habe einen "klaren" Fortschritt auf dem Weg der Erfüllung seiner "zentralen strategischen Priorität", der EU-Mitgliedschaft, erzielt, sagte der Minister. Serbien gehört neben Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Montenegro zu den potenziellen Kandidaten für die EU-Mitgliedschaft.

Historisches für den Kosovo

Der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaci hat den Fortschrittsbericht als "historische Nachricht" für sein Land gewertet. Der Fortschrittsbericht zum Kosovo sei "realistisch" und werde von der kosovarischen Regierung begrüßt, erklärte Ministerpräsident des Kosovo bereits im Vorfeld der heutigen Präsentation des Berichtes. Die EU-Kommission stellte dem Kosovo eine Abschaffung der Visa-Pflicht in Aussicht.

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