Heißes Aufeinandertreffen

Kern rechnet mit FPÖ ab

Teilen

 "Die Geister, die sie rufen, werden auch sie nicht rasch los werden".

Die erste direkte Konfrontation zwischen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in der Flüchtlingsfrage hat Mittwochvormittag die "Aktuelle Stunde" des Nationalrats gebracht. Während der Freiheitliche den Regierungschef als Zahlentrickser schilderte, konterte der SPÖ-Vorsitzende, dass die FPÖ einen zivilisierteren Tonfall einschlagen möge.

Strache: Obergrenze "Marketing-Gag der Regierung"
Den Inhalt für die "Aktuelle Stunde" hatten die Freiheitlichen vorgegeben und sich wie praktisch immer für ein "Ausländer-Thema" entschieden. Strache befand dabei, dass Kern fast noch unverschämter als sein Vorgänger Werner Faymann (SPÖ) vorgehe, indem er die Zahl der Asyl-Anträge falsch zusammenrechne: "Man versucht hier ganz bewusst, Statistiken zurecht zu biegen zulasten der österreichischen Bevölkerung."

Damit sei auch die sogenannte Obergrenze an Asylanträgen als "Marketing-Gag der Regierung" entlarvt, meinte Strache. Ebenfalls vom FPÖ-Chef abgelehnt wurde die Kooperation mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage. Angesichts der Politik Ankaras würde es Sanktionen statt Partnerschaft brauchen.

Kern rechnet mit Strache ab
Kern fand Straches Tonfall am heutigen Tag zwar einigermaßen gemäßigt, an sich missfällt ihm aber die Wortwahl der vergangenen Wochen: "Gewalt der Worte kann sich sehr rasch in Gewalt der Taten entwickeln", warnte der Kanzler. Ganz ähnlich meinte später die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun: "Der Gewalt der Worte folgt sehr oft die physische Gewalt."

Kern rechnet mit FPÖ ab
© apa

(c) APA

Direkt an Strache adressiert meinte der Kanzler: "Die Geister, die sie rufen, werden auch sie nicht rasch los werden." Nachgelegt wurde von SP-Klubchef Andreas Schieder. Strache solle lieber einmal in den eigenen Reihen Ordnung machen, wenn man sehe, dass unter jenen "Identitären", die die Klagenfurter Uni zuletzt gestürmt hatten, auch ein FPÖ-Funktionär sei.

Lob für Doskozil
In der Sache lobte Kern Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) dafür, bei der Sicherung der Grenzen einen ausgezeichneten Job gemacht zu haben. Um die Sicherheit zu garantieren, habe man auch mehr Polizisten-Posten geschaffen. Was es noch zu tun gelte, sei, mehr in den Herkunftsregionen zu tun.

VP-Mandatar Werner Amon gestand zu, dass man den Flüchtlingszustrom vielleicht anfangs unterschätzt und sich zu sehr auf das "Dublin"-Asyl-Abkommen verlassen habe. Nun habe man sich aber auf Kapazitäten, die verkraftbar seien, verständigt und Strache solle das doch in konstruktiver Weise unterstützen: "Es gibt keinen Zweifel an der Definition der Obergrenze", bestritt Amon auch, dass Zahlenspiele betrieben würden.

Lugar mit Kritik
Team Stronach-Klubchef Robert Lugar hat aber gerade Bedenken, was diesen von der Koalition festgelegten Höchstwert angeht. Denn Kern habe sich in der heutigen Debatte zu diesem nicht bekannt: "Sie hätten ja sagen können, die Obergrenze gilt." Sorge macht Lugar, dass man Flüchtlinge nicht mehr aus dem Land bekomme, auch wenn klar sei, dass es sich um einen Pakistani handle, der daheim einen Friseurladen habe.

Für effizientere Rückführungsabkommen warb dann auch NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak. Ebenfalls in seinem Forderungskatalog war "Integration ab dem ersten Tag". Je mehr Zeit verloren gehe, umso mehr Probleme entstünden im Nachhinein. Was die Zahlenstreitereien der Koalition angeht, warf Scherak SPÖ und ÖVP vor, die Bevölkerung durch solche Debatten zu verunsichern.

Korun würde zur Lösung der Flüchtlingskrise vor allem bei der massiven Unterstützung jener Länder anfangen, die besonders viele Schutzsuchende aufgenommen haben. Insgesamt plädierte die Grün-Mandatarin dafür, die gesamte politische Energie in internationale Lösungen zu stecken, statt Zahlen zu definieren, wie kein einziger mehr ins Land komme.

Video zum Thema: Kern rechnet mit FPÖ ab

 
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.