Projekt "Melissa"

Grüne kritisieren Bienentod-Forschung

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Pirklhuber: Chemische Industrie finanziell an Forschung beteiligt.

Schon seit Jahren wird in Österreich und Europa über den Zusammenhang zwischen Bienensterben und insektizidgebeiztem Saatgut (Neonicotinoide) diskutiert. Während die Mittel in Deutschland und Italien verboten wurden, dürfen sie in Österreich weiter verwendet werden - unter Auflagen und Beobachtung durch das Forschungsprojekt "Melissa": Genau daran übten die Grünen am Mittwoch massive Kritik. 17 Prozent der Projektkosten würden von der chemischen Industrie finanziert, beanstandete Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber bei einer Pressekonferenz in Wien.

Pirklhuber: Keine unabhängige Forschung
Diese Zusammenarbeit sei in Zwischenberichten oder im Internet nicht offen vermerkt, so der Politiker weiter. Eine Anfragebeantwortung durch Umweltminister Niki Berlakovich (V) am 3. Mai habe ergeben, dass die Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs, Syngenta Agro, Bayer Austria und CropScience sowie BASF Österreich beteiligt seien. "Eine unabhängige Risikoforschung ist sicher nicht durch eine Querfinanzierung der Industrie herzustellen", kritisierte Pirklhuber diese Kooperation. So würde die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) derzeit die Empfehlungen der Industrie übernehmen, anstatt diese in die Schranken zu weisen.

"Man biegt die Ergebnisse, wo man kann und wie man möchte", meinte Pirklhuber diesbezüglich. "Man macht Anwendungsvorschriften, die nicht praxisgerecht sind." So dürften Landwirte nur gebeiztes Saatgut verwenden, wenn sich ihr Feld in Windrichtung nicht neben einem blühenden Wiesenstreifen befinde. "Selbst wenn ich bei Windstille anzubauen beginne, bläst der Wind, bis ich fertig bin", bemerkte der Landwirtschaftssprecher dazu. Den Bauern werde nun die Schuld zugeschoben, indem man das Problem auf die Anwendung verlagere.

AGES vermutet Bruch der Bestimmungen
Die AGES betonte am Mittwoch in einer Aussendung die Transparenz und wissenschaftliche Basis ihrer Arbeit. Bei den Untersuchung 2011 sei aufgefallen, dass Bienenverluste in Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark und dem Burgenland in denselben Regionen wie in den Vorjahren auftraten, so die AGES. Erste Indizien würden daraufhindeuten, dass die Bestimmungen zur Aussaat - erlaubte Windgeschwindigkeit und Vermeidung der Staubabdrift in benachbarte blühende Pflanzenbestände - nicht lückenlos eingehalten wurden. Dies unterstreiche die Notwendigkeit von verstärkten Kontrollen. Für die Zulassungsbestimmung des Saatguts sei die Koexistenz von Landwirtschaft und Bienengesundheit die Prämisse.

"Berlakovich verweigert konkrete Antwort"
Ein weiteres Problem orteten die Grünen in der Informationspolitik: In der Anfragebeantwortung gebe es keine Angaben zum Ausmaß der Pestizid-Kontamination verendeter Bienen, so Pirklhuber. "Berlakovich verweigert uns konkrete Antwort." Den industriellen Beteiligten hingegen sei die Verfügbarkeit von Daten im Forschungsvertrag zugesichert, während die Öffentlichkeit auf noch ausständige Endberichte vertröstet werde. So gesehen stelle sich die Frage einer politischen Connection zwischen Bauernbund und der Chemieindustrie. Laut AGES sind alle Ergebnisse des vom Landwirtschaftsministerium beauftragten Projekts "Melissa" für die Öffentlichkeit via Internet zugänglich. Der vierte Zwischenbericht soll im Sommer 2011, der Schlussbericht Anfang 2012 veröffentlicht werden.

Insektizid-Verbot gefordert
Laut den Grünen gibt es seit drei Jahren durch insektizidgebeiztes Saatgut Bienenschäden in intensiven Mais-, Kürbis- und Rapsanbaugebieten in Österreich. Im Jahr 2010 waren demnach 76 Imkerbetriebe und 98 Bienenstände betroffen. Bei 89 untersuchten Proben waren die Neonicotinoide Clothianidin zu 51 Prozent und Thiamethoxam zu 23 Prozent nachweisbar. Pirklhuber forderte am Mittwoch ein Verbot der Mittel, Transparenz bei der Forschungsfinanzierung und Entschädigungen für Imker.

Beizmittel werden vor allem gegen dem Maiswurzelbohrer eingesetzt. Die beste Methode dem Schädling beizukommen ist eine konsequente Fruchtfolge. Bei 41 Prozent der in Österreich für Maisanbau verwendeten Fläche - 298.180 Hektar - wird dies nicht befolgt und es darf gebeizt werden, so die Grünen. Für Fruchtfolgebetriebe ohne Mais als Vorfrucht gilt ein Beizverbot.

Auch SP will Beiz- und Spritzmittel verbieten
Ebenso zu Wort meldete sich die SPÖ. "In Österreich, Frankreich, Italien und Deutschland hat man längst die Konsequenzen gezogen. Österreich hinkt meilenweit hinterher", ließ Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter am Mittwochnachmittag per Aussendung wissen. Auch er will Umweltminister Berlakovich in die Pflicht nehmen, um den Einsatz von Mitteln wie Clothianidin und Imidacloprid zu unterbinden. "Ohne Bienen keine Bestäubung", sieht Kräuter die Zukunft der heimischen Landwirtschaft bedroht.

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