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Häupl: "Alles spricht für Berufsheer"

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Im Talk rechnet jetzt Bürgermeister Häupl mit Wehrpflicht & der ÖVP ab.

Wird in Wien die Heeres-Volksbefragung entschieden? Nach einer ÖSTERREICH-Umfrage hat das Berufsheer in Wien eine klare Mehrheit: 50 Prozent der Wiener sind für ein Profi-Heer, nur 36 Prozent dagegen. ÖSTERREICH hat den Auslöser der Heer-Debatte zum Interview getroffen.


ÖSTERREICH: Herr Bürgermeister, wie wird die Volksbefragung zum Heer ausgehen?
Michael Häupl: Das wissen derzeit nicht einmal die Wissenschafter, wie soll das ein kleiner Bürgermeister vorhersagen? Aber ich beobachte in den letzten Wochen einen starken Stimmungsumschwung – die Zahl derer, die meinen, dass wir unser Land künftig von Profis schützen lassen sollen, wird immer größer.
ÖSTERREICH: Sie stehen im Gegensatz zu Ihrer Salzburger Landeshauptfrau-Kollegin weiter voll zum Berufsheer?
Häupl: Die Gedanken meiner Salzburger Kollegin kann ich nicht nachvollziehen. Ich stehe voll zum Berufsheer, ich stehe vor allem auch voll zum freiwilligen Sozialjahr und ich stehe voll zur Volksbefragung. Ich bin froh, dass es sie gibt, weil meine Lebenserfahrung zeigt, dass man dann, wenn die Politik nicht gewillt ist zu entscheiden, eine Entscheidung durch das Volk herbeiführen muss.
ÖSTERREICH: Warum wollen Sie die Wehrpflicht ab­schaffen?
Häupl: Weil sich die Verhältnisse völlig verändert haben. Es gibt keine Bedrohung durch den Warschauer Pakt mehr. Alle unsere Nachbarn sind in der EU, es wird keine feindlichen Soldaten an unseren Grenzen mehr geben – und eine Panzerschlacht im Tullnerfeld sowieso nicht. Daher brauchen wir eine völlige Reform und vor allem eine neue Struktur für unser Bundesheer. Und das kann nur ein Profi-Heer sein.
ÖSTERREICH: Eine Reform der Wehrpflicht …
Häupl: …wird es nicht wirklich geben. Seit über 40 Jahren doktern wir am Bundesheer herum. Aber es tut sich nichts. Wir werfen jährlich zwei Milliarden Euro beim Fenster hinaus für ein längst überholtes Zwangs-Modell, bei dem es mehr Köche als Pioniere gibt. Ich sage ganz deutlich: Die Hoffnung, dass man die Wehrpflicht reformieren kann, die muss man vergessen. Das ist ein Schmäh der ÖVP.
ÖSTERREICH: Die Wehrpflicht ist in Ihren ­Augen …
Häupl: …nicht reformierbar. Es gibt auch keine Idee dafür. Diese ganze Vaterlandsverteidigung ist doch heute ein Unsinn. Heute geht es beim Heer um Katastrophenschutz und Auslandseinsätze. Und dafür braucht man Profis.
ÖSTERREICH: Der von Ihnen geschätzte Landeshauptmann Pröll sagt, dass Niederösterreich ohne Grundwehrdiener eine Hochwasser-Katastrophe nicht bewältigen kann.
Häupl: Erwin Pröll hat die Zeichen der Zeit verstanden und viel in den Hochwasser-Schutz investiert, das ist klüger, als sich auf Grundwehrdiener zu verlassen. Wir in Wien brauchten auch bei den extremen Hochwassern der letzten Jahrzehnte keine schlecht ausgebildeten Grundwehrdiener, weil wir einen sehr effizienten Hochwasser-Schutz haben. Und wenn es wirklich dramatisch wird, dann habe ich lieber Profis und Feuerwehr statt junger Leute, die im Schlamm buddeln. Außerdem halte ich die These, dass es ohne Grundwehrdiener nicht geht, für eine Beleidigung der Feuerwehren. 90 Prozent aller Katastrophen-Einsätze in Österreich machen unsere Feuerwehren.
ÖSTERREICH: Pröll befürchtet auch Mängel im Rettungswesen ohne Zivildiener.
Häupl: Mit Verlaub: Dass die Rettung ohne Zivildiener 30 Minuten zu spät kommt, ist im Grenzbereich der bewussten Unwahrheit. Die Wahrheit ist, dass nach unserem Modell des freiwilligen Sozialjahres jeder Zivildiener in einem Rettungsauto durch einen voll bezahlten, gut ausgebildeten Sanitäter ersetzt wird. Ich halte das freiwillige Sozialjahr für das Beste an der Reform, weil wir statt zum Teil nur sehr bedingt willigen Zwangsverpflichteten freiwillige Profis bekommen, die 1.400 Euro Kollektivvertrags-Lohn und eine gute Ausbildung bekommen.
ÖSTERREICH: Wird in Wien die Volksbefragung entschieden?
Häupl: Entscheiden werden nur diejenigen, die auch hingehen. Wer nicht hingeht, entscheidet nicht mit. Ich bitte daher alle hinzugehen.

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