Gruselig

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Eine Nacht mit Geistern

Für Touristen lassen die Besitzer des Renaissanceschlosses Greillenstein im Waldviertel künstlich Gespenster auferstehen - doch wenn diese verschwunden sind, erwachen die richtigen Geister offenbar erst zum Leben: Eine weibliche Erscheinung an einem Fenster, eine graue Frauengestalt auf den Gängen und fremde Gesichter in Bildern wollen Gäste der Grafenfamilie Kuefstein schon gesehen haben.

"Die Familie sieht nichts"
"Wir haben eine Zeit lang hier gewohnt und nichts bemerkt. Aber wie heißt es immer: Die Familie sieht nichts", meint Gräfin Elisabeth Kuefstein. Der kleine Salon mit dem rot-goldenen Sofa, dazupassenden Stühlen und einem ovalen Holztisch, das Bett daneben, wirkt im Licht des Kerzenleuchters unheimlich und anziehend zugleich. Elektrisches Licht sollte man in alten Gemäuern nicht voraussetzen. "Am Fenster dort hinter dem Bett, hat eine Seherin gemeint, steht ständig eine Frau, die wartend hinausschaut und summt", erklärt die Gräfin. Anna Maria vielleicht, die hier vor langer Zeit an gebrochenem Herzen starb.

Rundgang mit Taschenlampe
Im Lichterschein einer kleinen Taschenlampe macht man sich zum Rundgang auf. Im dunklen Gang hinter dem Salon, zwischen Bad und Toilette, hat sich des öfteren eine schwebende Frauengestalt gezeigt, von der Familie "die schwarze Anna" genannt. Einmal soll sich die Erscheinung über ein Bett gebeugt haben, in dem ein Freund gerade geschlafen hat. "Als würde sie ihn rauszerren wollen, hat er gemeint", so die Gräfin. "Aber sie war noch nie ungut."

Geführte Geistertouren
Im Ahnensaal erwacht eine längst vergangene Zeit mit den lebensgroßen Gemälden von ehemaligen Besitzern und ihre Frauen. Die Gräfin entzündet eine Kerze, im gleichen Augenblick springen Schatten an die Wände. Ein weibliches Abbild starrt die Besucher besonders durchdringend an. "Wenn wir unsere geführten Geistertouren machen, scheinen sie sich alle zu bewegen. Dann zwinkert der und der wackelt mit dem Kopf", meint die geborene Prinzessin von Bayern und zeigt auf die verschiedenen Ahnen.

Keiner will als Letzter gehen
Kerze ausgeblasen, Dunkelheit, zwei schmale Durchgangszimmer. Keiner der Besucher will als Letzter gehen. Im Arbeitszimmer von Johann Ferdinand II. macht die Gräfin Halt. "Er soll in seinem Labor im Keller zehn Humunculi gezüchtet haben", berichtet die fünffache Mutter. Entsprechende Schriftstücke sowie der Geheimgang zum Labor seien noch vorhanden. Letzteren habe Franz Ferdinand II. aber zumauern lassen, als seine künstlichen Menschen flüchten wollten.

Dunkler Raum
Dann findet sich die kleine Gruppe im ehemaligen Gerichtssaal wieder. Nacheinander gibt der Lichtkegel der Taschenlampe einen langen Holztisch und schwere Sessel dahinter frei. Der Raum scheint dunkler als die vorangegangenen, man drängt sich enger zusammen. Nur drei Todesurteile hat es hier zwischen 1634 und 1848 gegeben. Der Sage nach soll es ungerechter Weise auch einen Gärtner von Greillenstein getroffen haben, weil er seine Braut ertränkt haben soll. "Seither wächst das Gras auf jener Spur, auf der der Ochsenkarren mit ihm zur Hinrichtung übers Feld gefahren ist, höher als auf dem Rest. Das ist nicht wirklich erklärbar."

Schwarze Anna
Der Große Saal des Schlosses wirkt im Dunkel der Nacht überraschend freundlich und einladend, der darauffolgende Türkensaal hingegen fast erdrückend. Dann ein paar Steinstufen hinab: "Und das ist sie, die 'schwarze Anna'. Zumindest könnte es passen", meint Elisabeth Kuefstein und weist auf ein überlebensgroßes Gemälde mit der Frau des zweiten Herren von Greillenstein, Anna von Kirchberg - kinnlange schwarze Locken, dunkles Hochzeitskleid.

Blick ins Verlies
Um Mitternacht wünscht die Gräfin ihren Gästen gute Nacht, lässt sie allein zurück. Die richtige Stunde, um sich das Verlies anzusehen: Steinmauern, Ketten mit Verschlüssen. Überraschend unspektakulär, keine Hilferufe von Gefangenen aus einer anderen Welt.

Mehr Infos: www.greillenstein.at

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