Protest gegen Brown

Dritter britischer Minister trat zurück

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Der scheidende Arbeitsminister fordert auch den Rücktritt von Premier Brown. Ausgangspunkt der Rücktrittswelle war ein Spesenskandal in der britischen Regierung.

Für den britischen Premierminister Gordon Brown wird es immer enger. Aus Protest gegen den unbeliebten Regierungschef ist am Mittwochabend bereits der dritte Minister zurückgetreten. Arbeitsminister James Purnell forderte Brown in seinem Rücktrittsschreiben zudem als erstes hochrangiges Regierungsmitglied auf, den Posten zu räumen. Der Rücktritt Purnells ist für Brown ein schwerer Schlag, weil der Arbeitsminister als einer der Hoffnungsträger der kriselnden Labour Party gilt.

Purnell verkündete seinen Rücktritt nach Schließung der Wahllokale zur Europawahl, bei der die regierende Labour Party eine historische Niederlage erleiden dürfte. Seit Dienstag hatten bereits Innenministerin Jacqui Smith und Regionenministerin Hazel Blears das Handtuch geworfen. Außerdem verkündeten zwei Staatssekretäre ihr Ausscheiden aus der Regierung.

Rücktritt von Brown gefordert
Der Arbeitsminister rief Brown in seinem vom Rundfunksender BBC veröffentlichten Rücktrittsschreiben unmissverständlich zum Amtsverzicht auf. "Ich glaube, deine weitere Führerschaft in der Partei macht einen Sieg der Konservativen wahrscheinlicher, nicht unwahrscheinlicher", heißt es in dem Schreiben. Wegen der von Oppositionsführer David Cameron geplanten "katastrophalen" Politik sei die Labour Party es dem Land schuldig, den Bürgern eine echte Wahl bei dem nächsten Urnengang zu ermöglichen. "Ich rufe Dich daher auf, zur Seite zu treten und unserer Partei eine Siegeschance zu geben. Aus diesem Grund lege ich mein Regierungsamt nieder." Purnell versicherte zugleich, dass er selbst nicht das Amt des Regierungschefs anstrebe und auch nicht in Absprache mit Brown-Rivalen agiere.

Brown will Umbildung der Regierung
Ein Sprecher des Regierungschefs zeigte sich enttäuscht vom Schritt Purnells. Eigene Rücktrittsabsichten wies das Amt des Premiers aber zurück. Brown werde sich auf die geplante Umbildung der Regierung konzentrieren, hieß es. Der Regierungschef will mit der Kabinettsumbildung verlorenes Vertrauen wieder zurückgewinnen. Medienberichten zufolge stößt Brown dabei aber auf massiven Widerstand von Schwergewichten in seiner Regierung. So sollen sich etwa Finanzminister Alistair Darling und Außenminister David Miliband dagegen sträuben, andere Ressorts zu übernehmen.

Unterschriftenaktion für Neuwahl der Labour-Führung
In der Labour-Fraktion läuft indes eine Unterschriftenaktion, die Brown zum Rücktritt bewegen soll. 70 Unterschriften sind erforderlich, um eine Neuwahl der Labour-Führung zu erzwingen. Aus Browns Lager waren vor diesem Hintergrund Durchhalteparolen zu vernehmen. Es bestehe "keine Chance" für einen Rücktritt des Premiers, sagten Vertraute Browns am Donnerstag der BBC.

Ausgangspunkt der Regierungskrise war die Spesenaffäre britischer Politiker. Dabei hatten sich Abgeordnete aller Parteien mit fragwürdigen und teils betrügerischen Abrechnungen auf Kosten der Steuerzahler bereichert. Die Affäre fällt aber vor allem auf die Labour Party zurück, die seit dem Jahr 1997 in Großbritannien regiert.

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