Erfolg für Sarkozy

Verfassungsreform in Frankreich gebilligt

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Es ist die größte Reform der französischen Verfassung seit 40 Jahren. Das Votum fiel denkbar knapp aus - eine Stimme Mehrheit für Sarkozy.

Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy ist nur denkbar knapp an einer innenpolitischen Niederlage vorbeigeschrammt: Mit einer Stimme mehr als dem erforderlichen Quorum billigten die französischen Abgeordneten und Senatoren am Montagabend im Schloss von Versailles eine von der konservativen Regierung geplante Verfassungsreform.

EU-Referenden
Bis zum Schluss war offen gewesen, ob der Präsident für sein Vorhaben die Drei-Fünftel-Mehrheit der beiden Parlamentskammern bekommen würde. Fast jeder zweite Artikel der Verfassung wird nun geändert; unter anderem gibt der Reformtext die Möglichkeit, die verpflichtenden Volksabstimmung bei künftigen EU-Erweiterungen - wie im Falle der Türkei - zu umgehen.

"Nein" aus den eigenen Reihen
Bei der Abstimmung über die Verfassungsreform stimmten 539 Volksvertreter mit Ja, 357 mit Nein. Die Drei-Fünftel-Mehrheit wird nach der Anzahl der abgegebenen Stimmen kalkuliert. Sieben Abgeordnete und Senatoren aus der konservativen Regierungspartei UMP votierten dagegen. Von den Sozialisten stimmte allein Ex-Minister Jack Lang dafür.

Nationalversammlung und Senat hatten die Verfassungsänderung in den vergangenen Monaten deutlich zurechtgestutzt. Der Präsident scheiterte vor allem damit, sich ein Rederecht vor der Nationalversammlung zu sichern. Der Reformtext sieht jetzt vor, dass der Präsident vor dem Kongress aus Senat und Nationalversammlung sprechen darf, der aber nur zu außerordentlichen Anlässen zusammentritt. Das Recht, vor dem Parlament zu sprechen, war bisher dem Premierminister vorbehalten. Die Opposition fürchtet, dessen Position werde nun geschwächt.

Parlament erhält mehr Rechte
Auch die Nationalversammlung erhält mehr Rechte. So kann die untere Parlamentskammer künftig ihre Tagesordnung mitbestimmen. Und sie muss über Auslandseinsätze im Voraus informiert werden sowie diese autorisieren, wenn der Präsident sie über mehr als vier Monate verlängern möchte. Die Möglichkeit der Regierung, Gesetze ohne Abstimmung zu beschließen, wird stark beschnitten. Zudem bekommt die Kammer ein Vetorecht bei der Besetzung wichtiger Führungsfunktionen durch den Präsidenten. Die Amtszeit des Staatschefs wird auf zwei fünfjährige Mandate beschränkt.

Sarkozy und Regierungschef Francois Fillon hatten bis zuletzt alles getan, um die Front der Reformgegner aufzubrechen und sich die letzten entscheidenden Stimmen zu sichern. Vor der Abstimmung hatte Fillon noch einmal eindringlich für das Projekt geworben. "Erneuerung oder status quo, das ist die Alternative", rief er den Abgeordneten zu.

Oppositionsführer Francois Hollande hatte den Konservativen im Vorfeld vorgeworfen, massiven Druck auf ihre Abgeordneten ausgeübt zu haben. Der Elysee-Palast habe "mögliche Beförderungen in der Regierung" in Aussicht gestellt, staatliche Unterstützungen versprochen und sogar Militärstützpunkte als Druckmittel gebraucht. Sarkozy will im Rahmen der Armeereform etliche Standorte schließen.

Streit um Chirac-Idee
Besonders umstritten war die geplante Änderung der von Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac durchgesetzten Regelung, im Falle erneuter EU-Erweiterungen die französische Bevölkerung abstimmen zu lassen. Grund für die damalige Verfassungsänderung war, dass die Franzosen einen Beitritt der Türkei mehrheitlich ablehnen.

Nach einem Kompromiss von Abgeordneten und Senatoren sollte die Volksabstimmung über weitere EU-Beitritte, die seit Juli 2004 auf den Weg gebracht wurden, nun grundsätzlich Pflicht bleiben - also auch bei einer möglichen Erweiterung mit der Türkei. Wenn die beiden Kammern des Parlaments den Präsidenten mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit dazu auffordern, kann er eine Volksentscheidung umgehen und das Parlament abstimmen lassen. Ohnehin nicht betroffen von dem verpflichtenden Referendum wäre Kroatien, dem die EU früher Beitrittsgespräche angeboten hatte.

Fotos: (c) Reuters, AP

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