Deutschland prüft Zerschlagung von Benzin-Konzernen

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Die schwarz-gelbe Koalition in Deutschland will als Reaktion auf die hohen Benzinpreise dem Kartellamt die Möglichkeit einräumen, die Mineralölkonzerne notfalls zu zerschlagen. Dazu soll das schärfere Wettbewerbsrecht eingesetzt werden, das Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vorbereitet. Große Konzerne, die ihre Marktmacht missbrauchen, sollen als letztes Mittel aufgespalten werden können.

"Die Festsetzung der Benzinpreise durch nur wenige Unternehmen könnte ein idealer Fall für die geplante Regelung sein", hieß es am Freitag aus Koalitionskreisen. Es wird aber auch offen eingeräumt, dass es bisher keine Beweise gibt, dass die Ölkonzerne die Preise gezielt nach oben treiben. Union und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass das Kartellamt mehr Macht bekommen soll.

Der ADAC hat angesichts der stark gestiegenen Benzinpreise zu Ostern eine Abschaffung der Ökosteuer zur Entlastung der Autofahrer gefordert. "Die Steuerlast ist eindeutig zu hoch", sagte ADAC-Chef Peter Meyer dem "Tagesspiegel" vom Donnerstag. Problematisch an der Ökosteuer sei auch, dass mit ihr die Rentenversicherung quersubventioniert werde. Nötig sei hier eher eine nachhaltige Reform der Sozialsysteme. "Ein Arzt schließt eine klaffende Wunde auch nicht mit einem Pflaster, sondern er nimmt einen chirurgischen Eingriff vor", sagte der ADAC-Chef.

Die kürzlich von Bundespräsident Horst Köhler geforderte Erhöhung des Benzinpreises im Kampf gegen den Klimawandel lehnte der ADAC-Präsident ab. Eine Anhebung der Mineralölsteuer wäre "extrem unsozial". Viele Menschen müssten täglich mit dem Auto zum Arbeitsplatz pendeln. Dies täten sie nicht freiwillig. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte Steuersenkungen bei Kraftstoffen jedoch eine Absage. "Das geht nicht, wenn wir uns unseren Haushalt anschauen", sagte Merkel dem RTL-"Nachtjournal" in der Nacht zu Donnerstag. Deutschland müsse angesichts der Krise sparen. Den Steuerzahlern dürfe deshalb nichts falsches versprochen werden. Jedoch fragten sich die Verbraucher "zu Recht", warum Jahr für Jahr ausgerechnet zu Ostern das Benzin teurer werde. Das Bundeskartellamt werde dies näher unter die Lupe nehmen. Die Kartellbehörde untersucht schon seit längerem die Preisgestaltung der Mineralölkonzerne.

Preiserhöhungen zurückgewiesen

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, hat die Forderung Köhlers nach weiteren Benzinpreis-Erhöhungen zum Schutz der Umwelt ebenfalls zurückgewiesen. "Wenn man das Autofahren für den Normalbürger bezahlbar halten will, kann man sich keine weitere Preissteigerung wünschen", sagte Wissmann dem Nachrichtenmagazin "Focus" zufolge. Der VDA-Präsident kündigte an, die deutsche Automobilindustrie werde den Verbrauch ihrer Fahrzeuge weiter deutlich verringern. Es seien bereits 140 Modelle auf dem Markt, die weniger als fünf Liter pro 100 Kilometer verbrauchten: "In den kommenden fünf bis acht Jahren kann dieser Durchschnittsverbrauch neuer Autos noch um weitere 25 Prozent sinken." Das dadurch eingesparte Geld sollte in der Tasche des Verbrauchers landen.

Nach Einschätzung Wissmanns kommt die deutsche Automobilindustrie wieder in Fahrt. "Wir wollen 2010 aus der Krise herausfahren - vor allem mit dem Auslandsgeschäft", sagte der Verbandschef. Drei von vier in Deutschland produzierte Autos gingen in den Export. Auch der weltweite Autoverkauf ziehe wieder an. "Nach 55 Millionen Fahrzeugen 2009 rechnen wir in diesem Jahr - bei günstigem Konjunkturverlauf - mit weltweit rund 58 Millionen Pkw. Wenn sich die Konjunktur insgesamt stabilisiert, könnte 2012 der weltweite Automobilmarkt auf mehr als 60 Millionen Pkw wachsen."

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