In der Hängepartie um die Zukunft des Autobauers Opel erhöht die deutsche Bundesregierung den Druck auf den US-Mutterkonzern General Motors (GM). Nach einer erneuten Vertagung der Entscheidung über einen Investor erwartet Bundeskanzlerin Angela Merkel nun diese Woche Fortschritte, wie sie am Wochenende dem ZDF sagte. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warb in einem Telefonat mit seiner US-Amtskollegin Hillary Clinton für den Investor Magna, den die Bundesregierung bevorzugt.
Merkel betonte im ZDF erneut die Präferenz für den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und erklärte, jeder Tag zähle, sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die ökonomische Situation. Je schneller die Entscheidung falle, desto besser. Weitere Verhandlungen seien nötig und sie hoffe, "dass wir in der nächsten Woche vorankommen". Die Verhandlungen stünden "kurz vorm Ziel". Nach Angaben aus Berliner Regierungskreisen sollen Anfang der Woche die Gespräche mit GM fortgesetzt werden.
Merkel verwies auf den zur Verfügung gestellten Brückenkredit von 1,5 Milliarden Euro und erklärte, dieser müsse nun umgewandelt werden in zukunftsfähige Strukturen. Als möglichen Grund für die Verzögerung nannte Merkel, dass ein Magna-Einstieg GM zu einem Minderheitenbeteiligen machen würde, was in dem US-Konzern auf Gegenwehr gestoßen sein könnte. GM ließ bisher mehr Sympathien für RHJ erkennen, der ebenfalls noch im Rennen ist.
Beide Angebote umstritten
Unter Autoexperten sind die beiden Angebote im Übernahmepoker um Opel umstritten. "Entscheidend für Opel wird sein, ob man weiter technologisch mit GM zusammenarbeiten kann. Denn Opel ist alleine zu klein, um zu überleben, egal, ob mit Magna oder RHJ", sagte der deutsche Auto-Experte Willi Diez der "Berliner Zeitung".
Auch Steinmeier drang in dem Telefonat mit Clinton am Samstagabend auf eine rasche Entscheidung, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Steinmeier forderte demnach, dass die Interessen Deutschlands als Bürgschaftsgeber bei allen Entscheidungen Berücksichtigung finden müssten und erklärte, dass es darauf ankomme, "schnellstmöglich eine Entscheidung zu treffen, die die Zukunft aller Opel-Standorte sowie die nachhaltige Sicherung möglichst vieler Opel-Arbeitsplätze in Deutschland" sicherstelle.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass nur Magna alle vier Opel-Standorte in Deutschland erhalten wird. Clinton sagte den Angaben zufolge zu, den Standpunkt der Bundesregierung innerhalb der amerikanischen Regierung zu kommunizieren.
Keine Entscheidung im Verwaltungsrat
Am Freitag (21. August) hatte der GM-Verwaltungsrat die Entscheidung für einen der beiden Bieter vertagt. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen hat GM weiterhin Bedenken gegen Magna, weil man den Verlust von Know-how an die russischen Partner von Magna und zu geringe Zugriffsmöglichkeiten auf das neue Opel-Unternehmen ("New Opel") fürchtet.
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sowie die Regierungen der Länder mit Opel-Standorten reagierten enttäuscht bis verärgert auf die Verzögerung. Dem Vernehmen nach stellten die Mitglieder des GM-Verwaltungsrats das von der Bundesregierung für den Deal erarbeitete Hilfspaket infrage, weil es sich nur auf die Option für Magna beziehe.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warf GM daraufhin Verzögerungstaktik vor. Für die Vertagung gebe es "keinerlei inhaltliche Rechtfertigung", da in Sachfragen längst eine Einigung erzielt worden sei. Sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Jürgen Rüttgers (CDU) sprach von einer "unerträglichen Belastung für die Beschäftigten von Opel, für die Gewerkschaften und die Politik, aber auch für den Steuerzahler".
Auch Opel-Betriebsratschef Klaus Franz forderte, spätestens Montag oder Dienstag (24. oder 25. August) müsse GM die verbliebenen Fragen mit der Bundesregierung klären: "Die Geduld der Beschäftigten ist absolut am Ende."