Opel: Verwirrung um Staatshilfen aus Deutschland

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Verwirrung um mögliche deutsche Staatshilfen für die Opel-Sanierung: Nur wenige Stunden nachdem der Mutterkonzern General Motors (GM) die Hoffnung auf Unterstützung aus Berlin bekräftigte, erklärte der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, die Amerikaner wollten keine Staatshilfen beantragen. Dies sagte der Minister nach ZDF-Angaben in der Sendung "Maybrit Illner".

Der GM-Verwaltungsrat habe erklärt, das Mutterunternehmen schaffe die Opel-Sanierung aus eigener Kraft, sagte Brüderle demnach. Das sei eine "freudige Mitteilung", die sich sein Ministerium bei der zuständigen GM-Pressestelle habe bestätigen lassen. Das Thema Opel sei damit für ihn "entschärft".

Zuvor hatte ein GM-Sprecher allerdings keinen Zweifel daran gelassen, dass der US-Konzern trotz der abweisenden Haltung Berlins weiterhin fest mit deutscher Staatshilfe für die Sanierung der angeschlagenen Tochter Opel rechnet.

"Das Unternehmen geht davon aus, dass die Unterstützung, die von den Regierungen für den mit Magna erarbeiteten Plan zugesagt war, grundsätzlich auch in der neuen Konstellation verhandelbar ist, da auch das GM-Konzept einen ähnlichen Ansatz verfolgt", sagte der Sprecher der Deutschen Presse-Agentur dpa in Frankfurt.

Klarheit gefordert

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat von General Motors (GM) eindeutige Aussagen verlangt, ob der US-Autokonzern Staatshilfen für Opel haben will oder nicht. Ihr Sprecher Ulrich Wilhelm sagte der dpa: "Die Bundesregierung erwartet von General Motors, Klarheit herzustellen."

Während der GM-Verwaltungsratschef Edward Whitacre gesagt habe, dass man keine Hilfen für Opel brauche, erkläre das Management das Gegenteil. "Das entspricht leider dem monatelangen Hin und Her von General Motors in der Vergangenheit", kritisierte Wilhelm. Bund und Länder warten nun auf ein verlässliches Sanierungskonzept für Opel.

Keine üppigen Staatshilfen

Brüderle hatte bereits am Mittwoch (11. November) nach einem Gespräch mit dem neuen Europa-Chef Nick Reilly und GM-Vize John Smith gesagt, er erwarte, dass GM die Finanzierung grundsätzlich selbst aufbringe. Zuvor hatte auch Bundeskanzlerin Merkel die Hoffnung des US-Autobauers auf üppige Staatshilfen gedämpft. GM müsse den Hauptanteil der Restrukturierung mit eigenen Mitteln tragen.

Ob der zuletzt schwächelnde Patient General Motors nach dem Insolvenzverfahren in diesem Sommer wieder gesundet ist, könnte sich kommenden Montag (16.11.) zeigen. Der Autoriese gibt erstmals nach seinem Neustart wieder Einblick in die Bücher. Erwartet wird erneut ein Verlust. In dem Insolvenzverfahren hatte der größte US-Autobauer Mitte Juli enorme Altlasten abgeworfen. Die US-Regierung stützte GM mit rund 50 Milliarden Dollar. Der Staat hält nun die Mehrheit.

Unterdessen mehren sich in Deutschland die Vorwürfe gegen die Rolle der Bundesregierung im Poker um Opel. Der Bamberger Auto-Experte Wolfgang Meinig warnte Bundeskanzlerin Merkel in einem Brief vor Staatshilfen für Opel.

Die fünf Wirtschaftsweisen kritisierten das Opel-Krisenmanagement der früheren schwarz-roten Bundesregierung. Die frühzeitige und einseitige Festlegung auf den austro-kanadischen Bieter Magna habe "die Verhandlungsposition des Staates von vornherein stark geschwächt", schreibt der Sachverständigenrat nach Angaben des "Handelsblatts" (Freitag) in seinem Jahresgutachten. Die Politiker hätten sich in Wahlkampfzeiten von Betriebsräten und GM ausnutzen lassen. Der US-Hersteller hatte nach fast einjährigen Verhandlungen den Magna-Deal abgeblasen und will Opel nun doch behalten.

GM will an Regierungen herantreten

Der GM-Sprecher sagte, der US-Konzern wolle derzeit noch nicht öffentlich über die Details zu den angestrebten Hilfen in den einzelnen Standortländern diskutieren. Zuvor wolle GM den Opel-Zukunftsplan den Regierungen vorstellen. Das wird nach den Worten von GM-Chef Fritz Henderson erst in einigen Wochen geschehen. GM wolle sich erst mit den Betriebsräten auf einen Restrukturierungsplan einigen.

GM hat den Finanzierungsbedarf für die Opel-Sanierung inzwischen auf 3,3 Milliarden Euro beziffert. Bisher war von 3,0 Milliarden Euro die Rede gewesen. Die höhere Summe sei gegenüber der ersten Kalkulation genauer spezifiziert worden und liege noch immer deutlich unter den zuvor von Magna errechneten 4,5 Milliarden Euro.

Der Auto-Experte Meinig warf der Bundesregierung in seinem offenen Brief vor, Wirtschaftspolitik allein am Erhalt von Arbeitsplätzen auszurichten. Damit werde das bewährte deutsche Wirtschaftssystem in krasser Weise auf den Kopf gestellt. Für die verheerende Lage des Autobauers Opels sei allein General Motors verantwortlich.

Betriebsrat sieht "Chaostage bei GM"

Nach der Verwirrung um mögliche Staatshilfen für die Opel-Sanierung wirft der Betriebsrat dem Mutterkonzern GM gravierende Abstimmungsprobleme vor. "Wir erleben Chaos-Tage bei GM. Das ist mehr als ein Bermuda-Dreieck, da weiß der Verwaltungsratschef nicht, was der Vorstandsvorsitzende macht", sagte Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz.

Der GM-Verwaltungsrat hatte nach Aussage des deutschen Bundeswirtschaftsministers Brüderle erklärt, das Mutterunternehmen schaffe die Opel-Sanierung aus eigener Kraft. Franz bestätigte dies am Freitag: "(Verwaltungsrats-Chef Edward) Whitacre sagt, sie haben alles im Griff und brachen keine Staatshilfen."

Damit setzt sich die Zwietracht zwischen Verwaltungsratschef Edward Whitacre und dem GM-Vorstandsvorsitzenden Fritz Henderson fort. Henderson hatte sich für einen Opel-Verkauf an Magna ausgesprochen, wurde aber vom Verwaltungsrat unter Führung Whitacres überstimmt. Franz sagte: "Henderson wird von Whitacre blamiert. Es gibt keine abgestimmte Kommunikationsstrategie und keine abgestimmte Unternehmenspolitik."

Rolle der US-Regierung wird beäugt

Die Rolle der amerikanischen Regierung bei der General Motors-Entscheidung gegen einen Verkauf von Opel kommt in den USA unter die Lupe. Der Einfluss der US-Regierung als wichtiger Anteilseigner in einer Reihe staatlich geretteter Firmen werde durchleuchtet, erklärte der Chefaufseher für das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungsprogramm (Tarp), Neil Barofsky. Dazu zähle auch die Entscheidung des GM-Managements gegen einen Verkauf der Opel-Tochter und die mögliche Einflussnahme der Politik darauf.

Die überraschende Absage des Opel-Verkaufs durch den US-Mutterkonzern GM hatte in Deutschland für Entrüstung gesorgt. US-Präsident Barack Obama hatte die deutsche Bundeskanzlerin Merkel laut ihrem Sprecher in einem Telefonat persönlich bestätigt, er sei nicht in die Entscheidung des GM-Verwaltungsrats eingebunden gewesen.

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