Der Handelsverband fährt schwere Geschütze gegen das neue Postmarktgesetz auf. Er spricht von "Gesetzesschrott", der allen Beteiligten Rechtsunsicherheit bringt und eine Klagswelle in Österreich und Brüssel nach sich ziehen wird. "Sehenden Auges wird ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU und werden Klagen vor Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof in Kauf genommen. Ich bin seit 1992 im Geschäft, aber so was habe ich noch nie gesehen", kritisiert Stefan Mumelter, Geschäftsführer des Handelsverbands.
Unterstützung erhält er von Otto Österreich-Chef Harald Gutschi. "Die Liberalisierung des Telekommarktes ist um Welten besser gelaufen", meint er. Mit dem neuen Postmarktgesetz wird das Postmonopol auf Jahre festgeschrieben - und das hat die Post AG eigentlich nich nötig, da sie sich in den vergangenen 10 Jahren hervorragend entwickelt hat", streut Gutschi der Post Blumen.
Mit dem jetzigen Gesetz besteht aber die Gefahr, dass die Otto-Kataloge nicht mehr bundesweit zugestellt werden, da alle Sendungen, die in Verteilzentren und Zustellbasen aufgegeben werden, nicht mehr unter die Universaldienstverordnung fallen. Mehr als zwei Drittel aller Briefsendungen, 90 % der Pakete und 85 % der adressierten Werbung würden dann nicht mehr der Universaldienstverordnung unterliegen", rechnet Mumelter vor.
Wie wichtig ein funktionierender Wettbewerb ist, versuchte Gutschi mit Zahlen zu belegen: Der Brief-Portoanteil macht 12-13 % des Gesamtumsatzes im Versandhandel aus, bei der Paketzustellung liegt der Wert bei 10 %, wodurch insgesamt ein knappes Viertel des Gesamtumsatzes auf den Versand entfällt. Ein erheblicher Posten für eine Branche, die 15.000 Mitarbeiter direkt und indirekt beschäftigt, gibt Gutschi zu bedenken.
Mumelter geht davon aus, dass die zu erwartenden Rechtsstreitigkeiten primär ein großes Aufgabenfeld für Juristen und Berater sind, da das zuständige Infrastrukturministerium viel zu wenig Personal hätte um die Klagsflut abzuarbeiten.
Dafür könnten die "Turnschuhbrigaden" boomen. Durch eine Sonderregelung sei es nämlich der Post erlaubt, Dienstleistungen durch "Verrichtungs- und Erfüllungsgehilfen" zu erbringen, sprich durch Selbständige, die im Auftrag der Post zustellen. "Durch das Gesetz wird die marktbeherrschende Stellung der Post sogar noch ausgebaut", ärgert sich Mumelter.