Google Books: Prozess in Frankreich

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Nach dem in den USA vorläufig gescheiterten Buch-Projekt des Internetriesen Google werden in Deutschland Stimmen der Erleichterung laut. In Frankreich muss sich Google unterdessen seit heute vor Gericht verantworten: Am Donnerstag (24. September) begann in Paris ein Prozess, den französische Verlage angestrengt haben. Sie werfen dem US-Konzern vor, schätzungsweise 100.000 französische Bücher ohne Genehmigung eingescannt zu haben. Der Geschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, freute sich heute über den gestern beschlossenen Aufschub der Verhandlungen: "Die Karten sind neu gemischt", sagte er in Frankfurt.

Skipis zeigte sich zuversichtlich, dass es auch bei der EU-Kommission einen Gesinnungswandel gebe. Europa dürfe Google die Digitalisierung seiner öffentlichen Bibliotheksbestände nicht erlauben und müsse stattdessen dieses Projekt selbst finanzieren. Nach Einwänden der Regierung in Washington soll in den USA die umstrittene Vereinbarung zwischen Google und der US-Buchbranche geändert werden. Verleger und Autorenverbände baten das New Yorker Gericht, die für Anfang Oktober vorgesehene wichtige Anhörung auf 6. November zu verschieben. Das Abkommen sieht vor, dass Google gegen die Zahlung von 125 Millionen Dollar das Recht erhält, Millionen von auch urheberrechtlich geschützten Büchern von Universitäten und Bibliotheken zu digitalisieren und ins Netz zu stellen.

Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist "froh, dass die Parteien im Rechtsstreit um die Google Buchsuche eingesehen haben, dass es so nicht geht: erst Fakten schaffen und dann hoffen, dass ein New Yorker Gericht das legalisiert", erklärte Zypries am Donnerstag in Berlin. "Wir werden nicht nachlassen, uns für die Rechte der deutschen Autoren und Verleger einzusetzen", betonte die Ministerin.

Buchbranche lief Sturm

Gegen den Buch-Deal ist vor allem die Buchbranche in Deutschland und Frankreich - mit Unterstützung der beiden Regierungen - Sturm gelaufen. Die Vereinbarung beraube ausländische Autoren ihrer Rechte und verhelfe Google weltweit zu einem Monopol, hieß es. Das US-Justizministerium hatte in den vergangenen Tagen sowohl kartellrechtliche und - auch mit Blick auf europäische Autoren - urheberrechtliche Bedenken geltend gemacht. Die Vereinbarung war in den USA auch von Google-Konkurrenten wie Amazon scharf kritisiert worden. Google hat weltweit ein Abkommen mit 30 renommierten Bibliotheken zum Einscannen von Büchern geschlossen. Allerdings geht es dabei nur um urheberrechtsfreie Bücher.

In dem Verfahren vor dem Pariser Landgericht wird Google Fälschung vorgeworfen, vor Gericht gezogen sind der französische Verband SNE, der 530 Verlage vertritt, und der Schriftstellerverband SGDL. Die Internetfirma verhalte sich "arrogant, wenn sie Bücher hernimmt und digitalisiert, ohne uns nach unserer Meinung zu fragen", sagte Hervé de la Martinière, zu dessen Gruppe das Verlagshaus Seuil gehört. Gespräche mit Google in den vergangenen Monaten hätten nur das Angebot von Schadenersatz gebracht, "was uns aber nicht interessiert". Der Verlegerverband SNE erklärte, alle Mitglieder stünden inzwischen hinter der Klage. "Wir glauben, dass wir nach französischem Recht jeden Grund haben, gegen Google vor Gericht zu bringen."

In Frankreich ist der Widerstand gegen das Google-Buchprojekt aus kulturellen Gründen besonders groß. Intellektuelle warnen vor einer Monopolstellung des US-Konzerns. Dieser verpflichtet sich zwar, den Zugang zu digitalisieren Werken ohne Autorenrechte gratis zu gewähren, verspricht sich aber massive Einnahmen durch Werbung. Allerdings arbeitet die zweitwichtigste Bibliothek Frankreichs in Lyon bereits mit Google zusammen und lässt Werke digitalisieren, für die keine Urheberrechte mehr bestehen. Die französische Nationalbibliothek verhandelt noch mit dem US-Konzern, der den Bibliotheken das Digitalisieren kostenfrei anbietet.

Google will in den nächsten Jahren bis zu 20 Millionen Bücher einscannen. Seit 2004 wurden bereits mehr als zehn Millionen Bücher digitalisiert, mehr als die Hälfte davon zunächst ohne Rücksicht auf die Urheberrechte.

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