Der Internet-Konzern Google will ein eigenes Computer-Betriebssystem anbieten. Erste Geräte damit sollen in der zweiten Hälfte des Jahres 2010 auf den Markt kommen, kündigte Google in einem Firmenblog an. Mit Google Chrome OS verstärkt der Internet-Primus noch weiter den Druck auf Microsoft. Nach Office-Anwendungen und Internet-Software greift Google nun das Herzstück von Microsofts Geschäft an: Das Betriebssystem Windows.
Das Google-Betriebssystem für Computer wird jedoch nicht Android, wie jenes für mobile Geräte (vor allem Handys) heißen, sondern sich am Namen des Google-Browsers orientieren. So wird das neue Programm den klingenden Namen Google Chrome OS tragen und den Konkurrenten aus Redmond den Schweiß auf die Stirn treiben. Microsoft musste ja durch den Google-Browser und die Open Source Office-Anwendungen von Google Marktanteile abgeben und nun greifen die Google-Entwickler auch noch das Herzstück Microsofts an.
Retourkutsche
Vor noch nicht ganz zwei Monaten startete Microsoft seine Suchmaschine Bing, um dem Branchenprimus Google Marktanteile abzujagen. Und in den ersten Wochen konnte Microsoft vor allem in Amerika ansehnliche Zuwachsraten verbuchen, ohne Google jedoch in Bedrängnis zu bringen. Jetzt revanchiert sich Google mit einem eigenen Betriebssystem.
Open Source
Google Chrome OS wird genau wie das Handy-Betriebssystem Android einen offenen Quellcode bekommen (Open Source). Damit wäre auch das "große" Betriebssystem für Software-Entwickler und Programmierer frei zugänglich. Diese könnten das Programm selbst weiterentwickeln und neue Features und Verbesserungen integrieren. Die neue Software soll vor allem auf die schlanken Netbooks zugeschnitten sein.
Der Internetspezialist geht bei "Google Chrome OS" von einem neuen Grundgedanken aus: "Wir meinen, das Internet sollte den Kern beim Umgang mit Computern darstellen", erklärte Google-Vizepräsident Sundar Pichai. Daher soll das eigene Betriebssystem um den vor neun Monaten herausgebrachten Browser Google Chrome herum entwickelt werden, eine Alternative zum Internet Explorer von Microsoft.
Viele Nutzer von Google Chrome lebten "praktisch im Internet", begründete Google den Vorstoß. Die meisten Betriebssysteme seien aber zu einer Zeit entworfen worden, als es noch kein Internet gab - ein offensichtlicher Angriff auf Windows, seit gut 20 Jahren das dominierende Betriebssystem für Computer mit annähernd 90 Prozent Marktanteil. Zuletzt hatte Apple mit Mac OS X allerdings zugelegt.
Und dies soll Google Chrome OS ausmachen:
- Google zielt mit der neuen Software vor allem auf den Wachstumsmarkt der Netbooks, preisgünstigen und meist kleineren Varianten von tragbaren Computern, die in erster Linie auf den Empfang von E-Mail und das Surfen im Internet ausgelegt sind.
- Die Software soll vergleichsweise spartanisch sein: "Wir entwerfen ein schnelles Betriebssystem, das auf das Nötigste reduziert ist und die Nutzer innerhalb weniger Sekunden ins Web bringt", verspricht Pichai. Die Benutzeroberfläche solle minimal sein. "Sie bleibt im Hintergrund, und die meiste Nutzererfahrung findet im Internet statt."
- Auch Sorgen um ihre Sicherheit sollen sich die Nutzer nicht machen müssen: Man wolle die zugrundeliegende Sicherheitsarchitektur vollständig neu entwerfen, "damit die Nutzer sich nicht um Viren, Malware und Sicherheitsupdates kümmern müssen. Der Rechner sollte einfach nur funktionieren".
- Laufen soll Google Chrome OS sowohl auf x86-Plattformen (also etwa mit Intel-Prozessoren) als auch auf den in zahlreichen Mobiltelefonen anzutreffenden ARM-Plattformen.
- Als Basis soll das Betriebssystem auf den Kernel - die unterste Betriebssystemsschicht - von Linux zurückgreifen. Linux ist frei verfügbar und im Prinzip kostenlos. Darauf aufbauend will Google ein neues Fenstersystem kreieren und setzt dabei nach eigenen Worten auch auf Ideen von Nutzern: "Wir werden auf jeden Fall auch viel Hilfe von der Open-Source-Community benötigen, um unsere Visionen zu verwirklichen."
- Kunden sollen die Software vorinstalliert auf neuen Netbooks erhalten können: Man arbeite mit vielen Hardware-Herstellern zusammen, "um im nächsten Jahr eine Reihe von Netbooks in den Handel bringen zu können".