IT-Vergaben: Affäre weitet sich aus

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Die Affäre um Malversationen rund um IT-Aufträge des Finanzministeriums und des Bundesrechenzentrums weitet sich aus, berichtet "Die Presse" vorab. Nach ersten von der Staatsanwaltschaft Wien angeordneten Hausdurchsuchungen im Finanzministerium, in der Finanzmarktaufsicht (FMA) und im Bundesrechenzentrum ist es am Mittwoch (24. Juni) auch zu Hausdurchsuchungen bei Siemens Österreich gekommen.

Mittlerweile steht auch fest, dass es nicht nur um Verstöße gegen das Finanzstrafgesetz (vorsätzliche Steuerhinterziehung) geht. Der Verdacht geht inzwischen auch über schweren gewerbsmäßigen Betrug hinaus. "Es könnte sein, dass wir die Korruptions-Staatsanwaltschaft einschalten", sagt Staatsanwältin Michaela Schnell zur "Presse".

Laut Schnell werde derzeit gegen fünf bekannte Personen und einige Unbekannte ermittelt. Darunter befindet sich Hans Stefan Augustin, Mitgesellschafter und Geschäftsführer jener IT-Firma, die laut Zeitung die Drehscheibe des Skandals sein könnte: OCO. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. Schnell schließt weitere Hausdurchsuchungen nicht aus, es werde intensiv ermittelt. Details will sie naturgemäß nicht bekannt geben, "sonst brauchen wir nicht mehr suchen". Die Schadenshöhe soll zumindest im einstelligen Millionenbereich liegen.

Der Hintergrund: Bei einer Betriebsprüfung im Finanzministerium ist ein Verdacht auf überhöhte Rechnungen und Steuerhinterziehung aufgetaucht. Daraufhin wurden interne Ermittlungen eingeleitet. Dann wurde der Fall an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Über das Finanzministerium laufen die IT-Projekte für den Bund.

OCO im Visier

Im Zentrum der Ermittlungen steht die OCO Organisationsberatungs- und Consulting GmbH. Sie sollte IT-Projekte für das Finanzministerium und das Bundesrechenzentrum abwickeln. Deren Chef Augustin soll dabei Subunternehmen dazu gebracht haben, überhöhte Rechnungen zu akzeptieren. Den Großteil der Gelder soll er sich bar auszahlen haben lassen.

Die Spur führt zu Siemens, konkret zur Siemens-Softwaresparte SIS (sie steht derzeit vor allem wegen der geplanten Kündigung von 632 Mitarbeitern im Mittelpunkt des medialen Interesses). Dort wurde das Büro eines langjährigen Mitarbeiters untersucht, bestätigt Siemens-Sprecher Harald Stockbauer der "Presse". Dieser inzwischen fristlos entlassene Siemens-Mann, pikanterweise ein ehemaliger Betriebsrat, dürfte über eine Schein-Treuhandkonstruktion mit der OCO zusammengearbeitet haben. Es besteht der Verdacht, dass die OCO von Siemens-SIS Subaufträge erhalten und dafür überhöhte Rechnungen gestellt hat. "Siemens ist Geschädigter, gleichzeitig dürfte ein Exmitarbeiter Mittäter sein", sagt Stockbauer.

Im Visier der Staatsanwaltschaft ist laut "Presse" auch ein Mitarbeiter der FMA. Laut Firmenbuch hält er 76 Prozent an der OCO. Er soll diese Anteile aber nur für einen Siemens-Mitarbeiter halten, heißt es in der Anzeige. Dies könnte der betroffene SIS-Mitarbeiter sein. FMA-Sprecher Klaus Grubelnik bestätigt der "Presse", dass der Mitarbeiter weiterhin bei der FMA beschäftigt ist - aber nicht im Bereich IT und Vergabewesen. Nach derzeitigem Wissensstand beträfen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nämlich nur die Privatsphäre des Beschäftigten, begründet Grubelnik den Verbleib des Mitarbeiters bei der FMA.

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