Straßburg

EU-Parlament sagt Ja zu EU-Bankenaufsicht

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"Supervisory Board" soll die 130 wichtigsten Banken in der Euro-Zone kontrollieren.

Das Europaparlament hat am Donnerstag den Weg für eine gemeinsame Bankenaufsicht freigemacht. Die Abgeordneten stimmten in Straßburg für die Errichtung einer neuen Aufsichtsbehörde unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB). Das sogenannte "Supervisory Board" soll nach Angaben der EZB in einem Jahr einsatzbereit sein und die Kontrolle der rund 130 wichtigsten Banken in der Euro-Zone übernehmen.

Damit soll mehr als drei Jahre nach der Verschärfung der Euro-Schuldenkrise künftig verhindert werden, dass marode Banken den ganzen Währungsraum in Schieflage bringen können.

   Parlament und Notenbank hatten sich am Dienstagabend darüber geeinigt, wie die EZB die Abgeordneten künftig über ihre Entscheidungen informiert. Das war der Streitpunkt, der die Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht in Europa zu verzögern drohte. Die gemeinsame Aufsicht ist lediglich der erste Schritt hin zu einer gemeinsamen Kontrolle des Bankensektors.

Einige Fragen noch ungeklärt
Umstritten ist weiter die Frage, wer letztlich über die Abwicklung einer maroden Bank entscheidet. Auch die Frage einer einheitlichen Sicherung der Kundeneinlagen in Europa ist noch lange nicht geklärt. Beim informellen Treffen der EU-Finanzminister und Notenbankchefs am Freitag und Samstag in Litauen wird die Bankenunion ebenfalls Thema sein. Entscheidungen stehen aber nicht auf der Tagesordnung.

Die rund 130 zu kontrollierenden Banken stehen für 85 Prozent der Bilanzsumme aller Institute in den 17 Euro-Staaten. Die EZB-Behörde soll gut 1.000 Mitarbeiter zählen, davon 700 Bankenaufseher.

Abwicklung maroder Banken: EU-Kommission macht Tempo
Die Europäische Kommission will bei den neuen Regeln zur Abwicklung maroder Banken in der Eurozone Tempo machen. Finanzkommissar Michel Barnier sagte am Donnerstag vor dem Europäischen Parlament in Straßburg, er hoffe, dass die geplante Abwicklungsrichtlinie bis Ende des Jahres unter Dach und Fach gebracht werden könne, "auf jeden Fall aber vor März" kommenden Jahres.

Notwendig sei ein "einheitlicher Abwicklungsmechanismus mit präzisen Vorgaben". Auch müsse ein "Abwicklungsrat" eingesetzt werden, der schnell Entscheidungen treffen könne, betonte der Franzose.

Keine Steuergelder mehr für Banken-Sanierung
Ziel sei es sicherzustellen, dass künftig nicht mehr der Steuerzahler für die Sanierung maroder Banken aufkomme, sagte Barnier. "Für die Banken sollen künftig Banken verantwortlich sein". Bei Problemen müssten in erster Linie deren Aktionäre gerade stehen. Barnier kündigte an, er wolle am Freitag mit den Finanzministern der EU bei einem Treffen in Vilnius über das Thema sprechen. Das Europaparlament will einer Sprecherin zufolge voraussichtlich im November über den Vorstoß beraten.

Der im Juli von der Kommission vorgelegte Gesetzesentwurf sieht vor, die Entscheidungshoheit von den nationalen Behörden auf ein neu zu schaffendes Brüsseler Gremium zu übertragen. Das neue Gremium soll sich Barniers Vorschlag zufolge aus Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Behörden zusammensetzen.

Wenn es einen Warnhinweis über eine drohende Bankenpleite von der geplanten neuen zentralen Aufsicht bei der EZB gibt, soll das Gremium die Abwicklung der Bank "vorbereiten". Ob und wie die betroffene Bank dann tatsächlich geschlossen wird, will die EU-Kommission auf Empfehlung des Gremiums oder "auf eigene Initiative" selbst beschließen.

Geteiltes Echo in Deutschland
In Deutschland stieß der Vorstoß auf ein geteiltes Echo, nach Auffassung der Berliner Regierung überschreitet die Kommission mit den Plänen ihre Kompetenzen. Es gebe noch "Differenzen", räumte Barnier vor dem Europaparlament ein. Er sei aber zuversichtlich, dass diese aus dem Weg geräumt werden können. Das Europaparlament hat in der Frage ein Mitentscheidungsrecht. Parlament und Rat, in dem die 28 EU-Staaten vertreten sind, müssen sich daher auf eine gemeinsame Position einigen.

Bankenunion in Planung

Die gemeinsame Bankenabwicklung ist Teil der geplanten Bankenunion, mit der die EU künftige Finanzkrisen verhindern will. Ein anderer Pfeiler ist die gemeinsame Bankenaufsicht, die ab Herbst kommenden Jahres bei der Europäischen Zentralbank ihre Arbeit aufnehmen soll. Sie soll zunächst die 150 größten Banken in der Euro-Zone überwachen. Länder außerhalb der Euro-Zone können sich dem anschließen, wenn sie dies wollen.

 

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