Nach Lehman

Banken haben Krise noch nicht verdaut

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Deutsche Bank-Co-Chef Jain: "Kosten für Rechtsstreitigkeiten beträchtlich gestiegen".

Fünf Jahre nach der Lehman-Pleite ringt die Finanzbranche um Normalität. Endgültig verdaut ist der Schock noch nicht. Nach wie vor wird über die richtigen Lehren aus der Krise gestritten - zum Beispiel darüber, wie groß und global eine Bank sein darf.

Europas Banken sehen sich fünf Jahre nach der Lehman-Pleite vor unvermindert schwierigen Zeiten. "Die Krise wirft einen langen Schatten", sagte der Co-Chef der Deutschen Bank, Anshu Jain, am Mittwoch bei einer Bankentagung in Frankfurt. Der Gegenwind für die Branche sei weiterhin enorm. "Die Kosten für Rechtsstreitigkeiten sind beträchtlich gestiegen." Solche Auseinandersetzungen würden die Branche noch über Jahre beschäftigen.

Dazu komme, dass Europa insgesamt bei der Lösung der Schuldenkrise noch viel Arbeit vor sich habe. Jain zeigte sich überzeugt, dass Europa nicht scheitern werde, "aber es ist noch viel zu tun". Auch Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon warnte: "Die Krise ist noch nicht überstanden. Sie kann jederzeit wieder voll zum Ausbruch kommen. Und schlimmer noch: Wir haben uns mit den Instrumenten zur Bekämpfung der Krise neue Risiken eingefangen."

Fahrenschon mahnte die Europäische Zentralbank (EZB), nicht zu spät aus der Krisenpolitik des billigen Geldes auszusteigen. "Natürlich waren solche Maßnahmen für eine gewisse Zeit wohl unvermeidbar. Meine Sorge ist aber, dass sich die Akteure an diese Marktbedingungen gewöhnen", sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Die Rechnung zahlten Sparer. Der EZB hat angekündigt, ihren Leitzins für längere Zeit auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent oder einem niedrigeren Niveau zu halten.

EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen warnte, die seit gut einem Jahr herrschende "relative Ruhe" an den Finanzmärkten überzubewerten: "Die gemeinsame Bankenaufsicht ist ein notwendiger, aber kein hinreichender Schritt zur Gesundung des Bankensektors. Der Reform- und Handlungsbedarf in anderen Politikfeldern hat effektiv nicht nachgelassen." Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret befand, die Finanzmarktregulierung habe das Ziel noch nicht erreicht, "aber es kommt in Sicht": "Eine Ruhepause dürfen wir uns nicht gönnen."

Asmussen zeigte sich zuversichtlich, dass die zentrale Aufsicht über voraussichtlich etwa 130 Banken im Euroraum im Herbst 2014 ihre Arbeit aufnehmen kann. Gut 1.000 Mitarbeiter sollen dann diese Aufgaben übernehmen. Vor Beginn der EZB-Aufsicht werde es eine "rigorose Bilanzprüfung" bei den betroffenen Instituten geben.

Zudem beansprucht die EZB die Hoheit über die Abwicklung von Banken. "Meiner Meinung nach sollte so eine Entscheidung einzig und allein vom Bankenaufseher, künftig also von der EZB, getroffen werden", sagte Asmussen. Dombret forderte eine unabhängige europäische Abwicklungsbehörde auf einer "stabilen Rechtsgrundlage".

Nachbesserungsbedarf gibt es nach Asmussens Ansicht bei den Plänen zur Beteiligung von Gläubigern ("bail-in") an künftigen Schieflagen von Banken: Er sehe "im aktuellen Kompromiss relativ breiten nationalen Spielraum", sagte er. "Die Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission sollten diesen Aspekt im Rahmen ihrer Verhandlungen im Vermittlungsausschuss verbessern." Zudem hoffe er, dass die Regeln zum "bail-in" früher als 2018 in Kraft treten, "um den Investoren so mehr Sicherheit zu geben".

Jain hält weitere Fusionen in der Branche für unausweichlich. Auch für die Deutsche Bank gebe es interessante Optionen, konkrete Pläne gebe es derzeit aber nicht. Jain, der den Dax-Konzern seit Juni 2012 gemeinsam mit Jürgen Fitschen führt, verteidigte den Wachstumskurs seines Hauses. Das Modell einer Universalbank, die klassisches Bankgeschäft mit Investmentbanking verbindet, sei ambitioniert und schwierig. Doch wenn die Deutsche Bank erfolgreich sei, profitiere Deutschland: "Es gibt keine deutsche Bank, die globaler ist als wir, und es gibt keine globale Bank, die deutscher ist als wir."

Sparkassen-Präsident Fahrenschon erneuerte seine Kritik an der Deutschen Bank. Er stellte fest, es seien zu große Banken gewesen, die die Finanzkrise ausgelöst hätten. Aus Sicht von Fahrenschon hat sich seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers Mitte September 2008 wenig daran geändert, dass sich Institute im Notfall auf staatliche Hilfe verlassen könnten. Zugleich warnte er davor, für mögliche Rettungsaktionen die Sicherungsmittel von Sparkassen und Genossenschaftsbanken hinzuzuziehen. Es könne nicht sein, dass die Kleinen für die Großen haften.

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